Umwelt

Moose als „Wohlfühl-Indikatoren“

Pflanzen ermitteln Umweltparameter

Moosuntersuchungen © Universität Bonn

Dass der Verein Deutscher Ingenieure (VDI) Richtlinien für Messverfahren festlegt, mag vielen noch bekannt sein. Dass der VDI aber auch Richtlinien zu Flechten und Moosen beschließt, dürfte die meisten überraschen. Jüngstes Beispiel: Soeben hat der VDI in einer neuen Bestimmung festgelegt, auf welche Weise das Vorkommen baumbesiedelnde Moose zu erfassen ist – diese „Epiphyten“ gelten neben Flechten als hervorragende Indikatoren für das Ausmaß der Luftverschmutzung. Die Grundlagen zur neuen Moos-Richtlinie legten Wissenschaftler der Universität Bonn.

Für die Erfassung der Luftqualität hatten sich in den Sechziger und Siebziger Jahren besonders baumbesiedelnde Flechten als geeignet erwiesen. Ihre Artenzahl und Häufigkeit am Baumstamm erlaubt Rückschlüsse auf den Schwefeldioxidgehalt der Luft. Um vergleichbare Ergebnisse zu erhalten, werden derartige biologische Messverfahren von der VDI-Kommission Reinhaltung der Luft (KRdL) standardisiert. Deswegen veröffentlichte die KRdL bereits vor zehn Jahren eine entsprechende Richtlinie, die festlegte, auf welche Weise die Flechten zu erfassen sind. Sie löste damit die vielen „selbstgestrickten“ Methoden ab, mit denen die Kommunen ihre Luftqualität einschätzten, und erlaubte so einen direkten Vergleich der Luftverhältnisse, zum Beispiel in München und in Duisburg. Das Beispiel machte Schule: inzwischen gibt es sogar europaweite Richtlinien.

Schon seit Ende der Neunziger Jahre kartiert der Bonner Biologe Professor Jan-Peter Frahm vom Nees-Institut für Biodiversität der Pflanzen zusammen mit seinen Mitarbeitern neben Flechten auch Moose, die Frahm ebenfalls als Indikator-Organismen geeignet erschienen. Nach kleineren Vorarbeiten erfassten die Wissenschaftler zuletzt mit Förderung des Umweltministeriums NRW ganz Nordrhein-Westfalen. Diese Arbeiten motivierten die KRdL, auch die Erfassung von Moosen in einer Richtlinie festzulegen. Dazu wurden Professor Frahm und seine Mitarbeiterin Isabelle Franzen-Reuter als erste Frau in die KRdL berufen.

Neben der Anpassung der Flechtenrichtlinie an die gewandelte Emissionssituation, die maßgeblich auf den praktischen Erfahrungen der Bonner Arbeitsgruppe beruhte, erarbeitete die Kommission eine „Moosrichtlinie“ – „für uns ein großer Erfolg“, erklärt Professor Frahm „damit werden diese Pflanzen praktisch als Messinstrumente für Umweltparameter anerkannt.“ Nachdem sich der Schwefeldioxidausstoß auf ein Fünftel der früheren Werte reduziert hat, hat die Erfassung von epiphytischen Moosen heutzutage andere Schwerpunkte. Mit ihnen lassen sich heute die Verkehrbelastung, der Ammoniakeinfluss aus der Landwirtschaft, der Grad der Bodenversiegelung, die Temperatur- und Luftfeuchteverhältnisse, kurz die Wohn- bzw. Lebensqualität feststellen. Frahm: „Wo es den Moosen gut geht, geht es auch dem Menschen gut.“

(idw – Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn, 06.07.2004 – DLO)

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