Selektive Bindung: Die als Rohstoff begehrten Seltenerdmetalle lassen sich bisher nur unter großem Aufwand voneinander trennen. Doch künftig könnte ein aus Bakterien isoliertes Protein diese Abtrennung erheblich vereinfachen, wie Forschende in „Nature“ berichten. Im Test konnte das Lanmodulin-Protein die wichtigen Rohstoffe Neodym und Dysprosium mit gut 98-prozentiger Ausbeute und Reinheit voneinander trennen – in einem Schritt. Durch gezielte Modulation seiner Bindungsstellen könnte es zudem auch an andere Seltene Erden angepasst werden.
Ob Neodym, Scandium, Ytterbium oder Praseodym: Seltenerdmetalle sind für viele moderne Technologien unverzichtbar und entsprechend begehrt. Doch vor allem die Aufbereitung von Erzen mit Seltenen Erden ist extrem aufwendig. Weil sich die 17 Seltenerd-Elemente chemisch-physikalisch sehr ähneln, sind sie mit gängigen Extraktionsmethoden nur schwer voneinander zu trennen.
Die Trennung ist das Problem
Obwohl in Schweden erst kürzlich das größte Seltenerd-Vorkommen Europas entdeckt wurde, ist daher noch ungeklärt, wie und wo diese Erze aufbereitet werden sollen. Zwar lassen sich Seltenerdmetalle durch physikalische Verfahren wie das Flash-Joule-Heating oder mithilfe von Cyanobakterien unspezifisch aus Lösungen anderer Metalle anreichern. Die einzelnen Elemente dann jedoch voneinander zu trennen und in Reinform wiederzugewinnen, ist aufwendig.
„Konventionelle hydrometallurgische Trennverfahren für Seltene Erden nutzen organische Lösungsmittel wie Kerosin und toxische Phosponate und sie benötigen Dutzende, teilweise sogar hunderte Schritte, um hochgradig reine einzelne Seltenerdoxide zu gewinnen“, erklären Joseph Mattocks von der Pennsylvania State University und seine Kollegen. Deshalb suchen Wissenschaftler schon länger nach organischen Naturstoffen, die eine effizientere und einfachere Trennung ermöglichen könnten.
Bakterien-Protein bindet Seltenerdmetalle
Jetzt sind Mattocks und sein Team fündig geworden: Sie haben ein natürliches Protein entdeckt, das von Natur aus eine besonders hohe Affinität zu bestimmten Seltenerdmetallen besitzt. Produziert wird dieses Lanmodulin-Protein von der Bakterienart Hansschlegelia quercus, die erst kürzlich in Eichenknospen entdeckt worden ist. Das Lanmodulin besitzt vier handartige Bindungstaschen, mit denen es Metallatome binden kann, darunter auch Seltene Erden.
Wie die Forschenden herausfanden, zeigt das neuentdeckte Lanmodulin eine rund 100-Millionenfach höhere Affinität zu Seltenerdmetallen als zu anderen Metallen wie beispielsweise Calcium. Die Bindung an die Seltenen Erden löst dabei eine Konformationsänderung des Proteins aus, durch die sich jeweils zwei Moleküle zusammenlagern und bis zu drei Seltenerd-Ionen einschließen. In dieser Hinsicht übertrifft das neue Lanmodulin zuvor bekannte Versionen dieses Proteins bereits deutlich, wie das Team berichtet.
Trennung von Neodym und Dysprosium im Test
Das Entscheidende jedoch: Das Lanmodulin reagiert nicht auf alle Seltene Erden gleich, sondern bindet bevorzugt an leichtere Elemente dieser Gruppe. Dadurch lässt es sich nutzen, um die für viele Erze typischen Seltenerdmischungen aufzutrennen. „Wir haben daher untersucht, wie gut das Lanmodulin die beiden für Permanentmagnete wichtigen Seltenerdmetalle Neodym und Dysprosium voneinander trennen kann“, so Mattocks und sein Team.
Dafür ließen die Forschenden zunächst größere Mengen des Proteins von gentechnisch manipulierten Escherichia-coli-Bakterien herstellen. Dann banden sie diese Proteine auf die Oberfläche von Agarose-Nanokügelchen, die als Träger- und Filtermaterial dienten. Für den eigentlichen Test ließen die Wissenschaftler dann eine beispielsweise fürs Elektroschrottrecycling typische Lösung mit fünf Prozent Dysprosium und 95 Prozent Neodym durch einen Säulenfilter mit diesen Kügelchen laufen.
Das Ergebnis: „Nach nur einem Reinigungsschritt konnte wir das Neodym zu 98 Prozent wiedergewinnen und mit einer Reinheit von 99,8 Prozent „, berichtet das Team. Die Lanmodulin-Nanokügelchen hatten die Neodym-Ionen selektiv gebunden und das gelöste Dysprosium durchgelassen. Eine in ihrer Aminosäurenabfolge leicht modifizierte Version des Lanmodulins erreichte sogar bei beiden Seltenerdmetallen eine Reinheit von mehr als 98 Prozent und eine Ausbeute von 99 Prozent – in nur einem Schritt.
Lohnender Ansatzpunt für weitere Optimierungen
Nach Ansicht der Forschenden demonstrieren diese Ergebnisse, dass bakterielle Lanmodulin-Proteine sich nicht nur zur Gewinnung von Seltenen Erden aus metallischen Lösungen eignen. Sie könnten auch die Trennung verschiedener Seltenerd-Elemente erleichtern und verkürzen. Denn um beispielsweise das Neodym wieder von den Lanmodulin-Nanokügelchen abzulösen, reichte ein Abspülen mit 0,1-molarer Salzsäure.
Mattocks und sein Team halten es daher für lohnend, weiter an Lanmodulinen als Seltenerd-Absorbern zu forschen. Weil sie die Bindung dieser Moleküle mit diesen Elementen eingehend untersucht haben, eröffnet ihre Studie auch weitere Möglichkeiten, die Selektivität dieser Proteine zu verändern und zu optimieren. (Nature, 2023; doi: 10.1038/s41586-023-05945-5)
Quelle: Nature