Geowissen

Neandertaler: Vulkanausbruch als Todesstoß?

Eruption der Phlegräischen Felder vor 40.000 Jahren löste einen vulkanischen Winter aus

Noch heute gibt es zahlreiche Gasaustritte in den Phlegräischen Feldern © Mentnafunangann / CC-by-sa 4.0

Beschleunigte eine Katastrophe das Ende? Der Ausbruch eines Supervulkans in Italien könnte den letzten Neandertalern den Todesstoß versetzt haben. Denn die Eruption vor 40.000 Jahren verteilte nicht nur Asche über weite Teile Europas, sie führte auch zu einer Klimaabkühlung um mehrere Grad, wie Forscher herausfanden. Dieser vulkanische Winter könnte das Aussterben der Neandertaler beschleunigt haben, wie Forscher im Fachmagazin „Geology“ berichten.

Mindestens 250.000 Jahre lang trotzten die Neandertaler erfolgreich allen Unbilden seiner Umwelt. Doch vor rund 35.000 Jahren war ihre Ära in Europa endgültig vorbei – die Neandertaler waren ausgestorben. Warum dies geschah und warum stattdessen unser Vorfahre, der Homo sapiens, überlebte, bleibt bis heute unklar. Eine Rolle gespielt haben könnten Klimawechsel, soziale Faktoren oder auch ein größerer Fortpflanzungserfolg des Homo sapiens.

Es gibt aber auch Hinweise darauf, dass eine urzeitliche Vulkankatastrophe den Niedergang der Eiszeitmenschen beschleunigt hat: ein Ausbruch des Supervulkans unter den Phlegräischen Feldern in Italien. Bereits 2013 hatten Forscher festgestellt, dass sich hier vor rund 40.000 Jahren ein heftige Eruption ereignete. Die ökologischen Folgen waren katastrophal, der Aschenregen dieses Ausbruchs wurde bis in die russische Steppe und auf dem Balkan verteilt.

Ascheregen und vulkanischer Winter

Zumindest im Umfeld des Vulkangebiets vertrieb der Ausbruch auch die damals dort lebenden Frühmenschen, wie archäologische Funde zeigen: Lager und Felsunterstände wurden verlassen und lange nicht wieder neu besiedelt. Ob und wie sich der Vulkanausbruch darüber hinaus auf das Klima Europas ausgewirkt haben könnte, haben nun Benjamin Black von der University of California in Berkeley und seine Kollegen mit Hilfe von Computersimulationen genauer untersucht.

Klimaveränderungn durch den Vulkanausbruch vor 40.000 Jahren in Italien © Black et al. / Geology

Das Ergebnis: Die beim Ausbruch der Phlegräischen Felder freigesetzten Schwefelaerosole reichten tatsächlich aus, um das Klima mehrere Jahre lang deutlich abzukühlen. Am stärksten bemerkbar machte sich dies in Osteuropa und Asien, aber selbst in Westeuropa – dort, wo in jener Zeit noch die meisten Neandertaler lebten, sanken die Temperaturen ein bis zwei Jahren lang um zwei bis vier Grad, wie die Forscher berichten.

Todesstoß für die letzten Neandertaler?

Allerdings: „Die Zentren der frühmenschlichen Besiedelung entgingen damit der stärksten Abkühlung“, so Black und seine Kollegen. „Die Eruption der Phlegräischen Felder allein reicht daher nicht aus, um das Aussterben der Neandertaler in Europa zu erklären.“ Hinzu kommt, dass die Populationen der Eiszeitmenschen bereits vor dem Ausbruch stark zurückgegangen waren.

Nach Ansicht der Forscher könnte es aber sein, dass die Eruption und die damit einhergehenden Klima- und Umweltveränderungen den ohnehin um ihr Überleben kämpfenden Neandertalern quasi den Todesstoß versetzten. Denn der vulkanische Winter erschwerte sowohl ihnen als auch dem Homo sapiens das Leben. Doch letztere waren vermutlich flexibler und anpassungsfähiger, um auch mit solchen kurzfristigen Veränderungen klarzukommen. Für die kleinen Gruppen der letzten Neandertaler aber könnte dieser Kälteeinbruch das Ende bedeutet haben. (Geology, 2015; doi: 10.1130/G36514.1)

(Geological Society of America, 23.03.2015 – NPO)

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