„Periodensystem“ für Minerale: Was es für die chemischen Elemente schon seit gut 200 Jahren gibt, hält nun auch in der Mineralogie Einzug – eine einheitliche Nomenklatur für Namenskürzel. Die bereits von der International Mineralogical Association abgesegnete Liste gibt erstmals allen 5.744 bekannten Mineralen eine standardisierte Abkürzung und stellt Regeln auf, nach der neue Mineralnamen abgekürzt werden. Das beseitigt den bisherigen „Wildwuchs“, bei dem es bis zu acht Kürzel für dasselbe Mineral gab.
Bei den Elementen sorgte der Chemiker Jöns Jakob Berzelius schon im Jahr 1814 für Ordnung im bis dahin chaotischen Symbolwirrwarr: Er führte ein System von Kürzeln aus ein oder zwei Buchstaben ein, durch die jedes Element eindeutig gekennzeichnet ist. Diese gut 200 Jahre alte Nomenklatur gilt bis heute und bildet die Basis aller chemischen Formeln – von H2O bis (NH4)2SO4.
„Wildwuchs“ bei den Mineralsymbolen
Anders ist dies jedoch in der Mineralogie: Dort tragen die meisten Minerale Namen, die nicht oder nur zum Teil ihren chemischen Verbindungsbezeichnungen entsprechen. Häufig sind sie aber ähnlich lang und komplex, wie beispielsweise Ammoniomagnesiovoltait, Galloplumbogummit oder Magnesio-ferri-fluoro-hornblende. 1983 schlug daher der kanadische Mineraloge Ralph Kretz eine Liste von zwei- und dreibuchstabigen Kürzeln für die 192 häufigsten gesteinsbildende Minerale vor, später wurden diese „Kretz-Symbole“ auf 374 erweitert.
Das Problem jedoch: Inzwischen sind mehr als 5.700 Minerale bekannt und für einen Großteil von ihnen fehlten einheitliche Abkürzungen. Zudem sind die Kretz-Symbole eher eine Empfehlung als eine Vorgabe. „Es hat daher einigen Kürzel-Wildwuchs in der mineralogischen Gemeinschaft gegeben“, erklärt Laurence Warr von der Universität Greifswald. Selbst für gängige Minerale wie Kaolinit existieren dadurch acht verschiedene Kürzel.
Neue Kürzel für 5.774 Minerale
Dem setzt nun eine neue Nomenklatur für Mineral-Abkürzungen ein Ende. Warr hat eine Liste der Kürzel aufgestellt, die für alle 5.774 zurzeit anerkannten Minerale ein festes Kürzel angibt und dabei bestimmten Regeln folgt. Diese neue Standards sind bereits von der International Mineralogical Association – Commission on New Minerals, Nomenclature and Classification (IMA-CNMNC) abgesegnet und geben damit fortan vor, wie Minerale abgekürzt werden.
„Dieser Schritt bringt uns endlich ein universell konsistentes System der standardisierten Mineralsymbole, vergleichbar dem System, das für die chemischen Elemente gilt“, sagt Warr. Ähnlich wie in der Chemie müssen künftig auch in der Mineralogie alle neuen Mineral-Kürzel von der International Mineralogical Association genehmigt werden. Die neue Nomenklatur übernimmt die meisten der schon gängigen Kretz-Symbole und erweitert sie um 4.753 neue Kürzel.
Abkürzungen mit System
Anders als bisher folgen die Kürzel vier Regeln, die die Zuordnung erleichtern und Missverständnisse beseitigen sollen. So wurden alle Symbole ersetzt, die in der Chemie als Elementkürzel genutzt werden. Das Mineral Pyrrhotit bekommt jetzt das Kürzel Pyh, weil sein altes Symbol PO in der Chemie für das Element Polonium steht, was zu Verwechslungen führen kann.
Gleichzeitig tragen Minerale mit demselben Leitelement dessen Kürzel nach Möglichkeit auch in der neuen Abkürzung. So steht Bi in der Chemie für Bismut, in der Mineralogie taucht dies in den Kürzeln Bis für Bismit, Bit für Bismutit und Bin für Bismuthinit wieder auf. Häufig auftretende Mineralkomponenten wie Calcit (Cal) oder Halit (Hl) bleiben auch in Kombination mit anderen Symbolen erhalten. So steht Pshl für Pseudosinhalit. Das P steht dabei für Pseudo, Shl für Sinhalit und Hl für Halit. (Mineralogical Magazine, 2021; doi: 10.1180/mgm.2021.43)
Quelle: Universität Greifswald