Katastrophaler Ursprung: Im Gestein des Nördlinger Ries haben Forscher ein zuvor unbekanntes Mineral aufgespürt. Das „Riesit“ getaufte Mineral verdankt seine Entstehung dem Einschlag eines Asteroiden in diesem Gebiet vor 15 Millionen Jahren. Durch den hohen Druck und die folgende Entlastung des Gesteins bildete sich aus Titandioxid die jetzt erstmals nachgewiesene Riesit-Struktur.
Vor rund 15 Millionen Jahren ereignete sich im Süden des heutigen Deutschlands eine wahrhaft kosmische Katastrophe: Ein rund einen Kilometer großer Asteroid raste auf die Erdoberfläche zu und schlug ein. Welche Folgen dieser Impakt hatte, lässt sich bis heute am Gestein und der Landschaft im Nördlinger Ries ablesen. Die Explosion beim Einschlag erzeugte einen enormen Feuerball und schleuderte verdampftes Gestein hoch in die Atmosphäre.
Im „Schwabenstein“ entdeckt
Ein Teil dieses verdampften Gesteins kühlte dabei ab und fiel als Regen aus erstarrten Schmelztröpfchen auf das Kratergebiet zurück. Heute prägt dieses als Suevit oder „Schwabenstein“ bezeichnete Gestein das gesamte Riesgebiet. Typisch dafür sind durch Hochdruck umgeformte Mineralien, Einschlüsse aus sogenanntem Impaktglas und sogar winzige Diamanten.
In einem Dünnschliff aus dem Suevit des Rieskraters haben nun Wissenschaftler aus Deutschland und den USA ein zuvor unbekanntes Mineral entdeckt. Sie identifizierten es, als sie die Gesteinsproben mittels Synchrotron-Strahlung durchleuchteten. Diese Analysemethode erlaubt es, anhand der Streuung und Brechung der Lichtstrahlen auf die Kristallstruktur eines Minerals zu schließen.
Kristallform von Titandioxid
Das neu entdeckte „Riesit“ ist chemisch gesehen eine spezielle Kristallform des Titandioxids (TiO2). Diese Verbindung kommt als Rutil in geringer Menge in vielen irdischen Gesteinen vor, auch in den Grundgebirgsgesteinen des Nördlinger Rieses. Ursprünglich in mehr als 600 Metern Tiefe vorkommend, wurde das Titandioxid durch den Asteroideneinschlag extrem hohen Drucken und Temperaturen ausgesetzt und an die Oberfläche geschleudert.
Dabei wurde das Rutil zunächst unter der hohen Druck- und Temperaturbelastung in ein anderes Hochdruckmineral umwandelt, das den Namen Akaogiit trägt. Erst bei der anschließenden Druckentlastung entstand dann aus dem Akaogiit das Mineral Riesit, wie die Forscher erklären. Riesit kommt heute in Form von winzigen Kristallen in Schmelzadern von Gesteinen vor, die durch extrem hohe Drucke und durch Temperaturen von mehr als 1.500 Grad beansprucht wurden.
(Museum für Naturkunde – Leibniz-Institut für Evolutions- und Biodiversitätsforschung, 02.11.2017 – NPO)