Bei einer Expedition in den Norden Grönlands haben Forscher den nördlichsten Landfleck der Erde entdeckt – eine kleine, noch namenlose Insel. Das nur 60 mal 30 Meter kleine Eiland liegt vor der Nordküste Grönlands und wurde nur durch Zufall gefunden. GPS-Messungen enthüllten dann, dass dieses Landstückchen näher am Nordpol liegt als alles bisher bekannte Land. Ob diese Insel aber dauerhaft erhalten bleibt, ist noch unklar.
Anders als der Südpol liegt der geografische Nordpol der Erde nicht auf festem Land. Er befindet sich inmitten des Arktischen Ozeans, einem von mehreren Kontinenten umsäumten Meeresbecken. Selbst die Gipfel des Lomonossov-Rückens, eines unterseeischen Gebirgszugs direkt unter dem Nordpol, reichen nicht näher als 400 Meter an die Wasseroberfläche heran. Als das Landstück, das dem Nordpol am nächsten liegt, galt bisher die Insel Oodaaq, ein flaches, gerölliges Eiland vor der Nordspitze Grönlands. Die Insel liegt auf 83° 40′ nördlicher Breite.
Verwirrung um Geröll-Eiland im Meereis
Jetzt hat eine Expedition, die eigentlich Proben der extremen Lebenswelt an der Nordküste Grönlands sammeln wollte, durch Zufall eine noch weiter nördlich liegende Insel entdeckt. Als die per Hubschrauber über die eisige Landschaft flogen, sahen sie inmitten des eisbedeckten Meeres ein winziges, kahles Landfleckchen und landeten darauf. Zunächst hielt das Team um Morten Rasch von der Universität Kopenhagen dies für einen Teil der Insel Oodaaq.
„Wir waren davon überzeugt, dass die Insel, auf der wir hier standen, Oodaaq sei – das bisher als nördlichste Insel der Welt registrierte Landstück“, sagt Rasch. „Aber als sich dann Fotos der Insel und ihrer Koordinaten in den sozialen Medien veröffentlichte, waren eine Reihe amerikanischer Inseljäger ganz aufgeregt und sagten, dass das nicht sein könne.“
Als nördlichster Punkt bestätigt
Daraufhin kontaktierte das Team einen Vermessungsexperten an der Technischen Universität Dänemark. „Dieser informierte uns, dass es einen Fehler auf meinem GPS-Gerät gegeben habe, der mich glauben ließ, dass wir auf Oodaaq wären. Stattdessen hatten wir eine neue Insel entdeckt, die noch weiter nördlich liegt“, berichtet Rasch. Eine Nachmessung mit dem GPS des Hubschraubers bestätigte dies daraufhin.
Damit gibt es nun einen neuen Rekordalter für den nördlichsten Landfleck der Erde. Das offiziell noch namenlose Inselchen liegt noch einmal 780 Meter weiter nördlich von der Insel Oodaaq. Die Forscher haben es inoffiziell „Qeqertaq Avannarleq“ getauft – grönländisch für nördlichste Insel. Das Eiland ist nur 60 mal 30 Meter groß und ragt nur drei bis vier Meter aus dem Meer auf. Seine Oberfläche ist mit Schlamm und Geröll bedeckt und völlig kahl.
Nur ein kurzlebiges Phänomen?
Rasch und sein Team vermuten, dass dieses Inselchen nicht schon immer existiert hat, sondern dass sein Material möglicherweise bei einem starken Sturm auf dem Meeresgrund zusammengespült wurde – wie eine geröllige Sandbank. Ob dieses Eiland nun auf Dauer erhalten bleiben wird, ist demnach unklar. „Keiner weiß, wie lange es bestehen bleibt. Im Prinzip könnte es schon beim nächsten starken Sturm wieder verschwinden“, sagt Rasch.
Quelle: University of Copenhagen