In der Labradorsee sinken gewaltige Wassermassen von der Oberfläche des Nordatlantiks in die Tiefe. Dieser „Wasserfall“ ist eine treibende Kraft für Meeresströmungen und damit auch das milde Klima Europas. Eigentlich zeigen Messungen seit 1997 einen Trend zum Abschwächen dieser wichtigen Tiefenwasserbildung, doch im letzen Jahr gab es plötzlich wieder einen Anstieg. Kurzfristiger „Schluckauf“ oder doch eine Trendumkehr? Das wird eine jetzt gestartete Expedition deutscher Forscher nun untersuchen.
Nach der erfolgreichen „Zwei-Schiffe“-Expedition im Sommer 2008 sind Wissenschaftler vom Institut für Umweltphysik der Universität Bremen nun 40 Tage mit dem Forschungsschiff Maria S. Merian unterwegs, um die Bedeutung des Nordatlantiks im Klimasystem der Erde zu erforschen. Unter der Leitung von Professorin Monika Rhein führt ihr Weg von Reykjavik (Island) an Grönland vorbei in die Labradorsee, der Meeresregion zwischen Grönland und Kanada. Hier findet im Winter die Bildung von Tiefenwasser statt, deren Schwankungen die Bremer Arbeitsgruppe seit mehr als zehn Jahren untersucht.
Tiefenwasser: Kurzer „Schluckauf“ oder längerfristiger Trend?
Die Bildung von Tiefenwasser ist für das Klimasystem von großer Bedeutung. Warmes Oberflächenwasser, das der Golfstrom aus den Tropen in den Nordatlantik einträgt, wird in kaltes Tiefenwasser umgewandelt, das sogenannte Labradorseewasser. Hierbei entzieht die kalte arktische Luft die im Ozean enthaltene Wärme, welche an die Atmosphäre abgegeben wird. Diese Wärme kommt Europa zugute und beschert uns ein vergleichsweise mildes Klima. Das Labradorseewasser fließt in rund 1.000-2.000 Metern Tiefe wieder zurück in Richtung Tropen und breitet sich im
Weltozean aus.
Die bisherigen Ergebnisse der Bremer Forscher zeigten ein seit 1997 anhaltendes Abschwächen der Bildung von Labradorseewasser. Die ozeanischen und atmosphärischen Bedingungen im Winter 2007/2008 führten jedoch zu einer vorübergehenden Intensivierung. „Bisherige Messungen deuten auf einen ‚Schluckauf‘ in der Tiefenwasserbildung hin und nicht auf eine Umkehr des vorherrschenden Trends“, erklärt Projektleiterin Monika Rhein.
Proben an der „Schnellstraße“ für Tiefenwasser
Die Messungen der Reise dienen der weiteren Quantifizierung der Tiefenwasserbildung und der Fortsetzung der bisherigen Zeitreihe. Nach Beendigung der Arbeiten in der Labradorsee führt die Reise ins Neufundlandbecken. Hier werden Tiefseeverankerungen am Osthang der Flämischen Kappe ausgelegt, einer Unterwasserkuppe östlich von Neufundland. „Der tiefe westliche Randstrom, der
als eine Art Schnellstraße für den südwärtigen Export von Tiefenwasser fungiert, ist hier sehr eng und fokussiert und kann mit vergleichsweise geringem Geräteaufwand vermessen werden. Wir wollen mit diesen Messungen die Stärke des Ausstroms aus der Labradorsee vermessen'“, so die Umweltphysikerin.
Das weitere Feldprogramm führt die Bremer Forscher schließlich zum Mittelatlantischen Rücken, wo die Messungen ihren Abschluss finden.Dann begibt sich die Maria S. Merian auf ihren Heimweg und wird am 22.August 2009 Bremerhaven erreichen, wo die Reise enden wird. Die Messungen erfolgen im Rahmen des vom Bundesministerium für Bildung und Forschung geförderten Projektes „Nordatlantik.“
(Universität Bremen, 15.07.2009 – NPO)