Rund 60 Prozent der „Dienstleistungen“, die Ökosysteme für das Leben auf der Erde erbringen wie Bereitstellung von Süßwasser oder Fischfang, sind heute schon gefährdet oder werden nicht nachhaltig genutzt. Wissenschaftler warnen davor, dass sich die Folgen der Umweltveränderungen in den nächsten 50 Jahren sogar noch weiter verstärken könnten. Dies ist das Ergebnis des heute veröffentlichten Berichts der internationalen Millennium Ökosystemstudie (MA). 1.300 Wissenschaftler aus 95 Ländern haben die Studie über vier Jahre erarbeitet.
{1l}
„Dauerhafte Fortschritte in der Bekämpfung von Hunger und Armut, in der Verbesserung menschlicher Gesundheit und im Umweltschutz sind unwahrscheinlich, wenn sich die Leistungen der Ökosysteme, auf die unsere Gesellschaft angewiesen ist, weiter verringern“, so die Studie. Die sinkende Leistungskraft von Ökosystemen wird vermutlich dazu führen, dass die internationalen Entwicklungsziele (Millennium Development Goals) nicht erreicht werden. Auf diese Ziele haben sich 189 Regierungschefs in der Millenniums-Erklärung der Vereinten Nationen (UN) im September 2000 geeinigt.
Parasit Mensch
Die Studie an der auch Wissenschaftler des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung beteiligt waren hebt hervor, dass die Nutzung von Ökosystemen die Lebensbedingungen der Menschen verbessert und die wirtschaftliche Entwicklung gesteigert hat – dies jedoch auf Kosten der Umwelt. In den letzten 50 Jahren wurden Ökosysteme stärker verändert als je zuvor. Zugleich haben sich nur vier Leistungen erhöht, die von Ökosystemen erbracht werden: die Produktion von Getreide, Vieh und Aquakultur sowie die Bindung von Kohlenstoff in Ökosystemen wie Wald und Ozean, die zur Minderung der globalen Erwärmung beiträgt. Trotz verbleibender Wissenslücken kommen die Experten zu dem Schluss, dass Hochseefischerei und die Bereitstellung von Süßwasser so intensiv betrieben werden, dass die Nachfrage nach Fisch und Wasser dauerhaft nicht befriedigt werden kann.
Signifikante politische und institutionelle Maßnahmen können die Zerstörung der Ökosysteme bremsen, ohne die steigende Nachfrage, wie zum Beispiel nach Wasser, zu gefährden. In der Studie werden Optionen genannt, um Leistungen von Ökosystemen zu bewahren oder zu steigern.
Wie kann die Leistungskraft der Ökosysteme erhalten werden?
Wenn beispielsweise Naturwälder geschützt werden, sichert man hierdurch nicht nur den Wildbestand, sondern auch die Versorgung mit Süßwasser und die Speicherung von Kohlendioxid in Biomasse. Der Aufsichtsrat der MA-Studie macht in seiner abschließenden Stellungnahme deutlich, dass die Leistungskraft von Ökosystemen nur erhalten werden kann, wenn sich der Umgang mit der Natur auf den verschiedensten Ebenen der Entscheidungsfindung drastisch verändert und neue Kooperationen zwischen Regierungen, Industrie und Zivilgesellschaft forciert werden.
„Nur wenn wir unsere Umwelt und ihre Funktionsweise verstehen, können wir die notwendigen Entscheidungen für ihren Schutz treffen. Nur wenn wir all die kostbaren natürlichen und menschlichen Ressourcen wertschätzen, können wir eine nachhaltige Zukunft schaffen“, erklärte UN-Generalsekretär Kofi Annan anlässlich der heutigen Übergabe des Syntheseberichts der Millennium Ökosystemstudie.
Der MA-Synthesebericht ist der erste Bericht in einer Reihe von insgesamt elf Bänden, die die Ergebnisse zum Zustand der weltweiten Ökosysteme und deren Bedeutung für das menschliche Wohlergehen zusammenfassen. Die Ergebnisse fließen direkt in vier internationale Umweltverträge ein: UN-Konvention zur biologischen Vielfalt, Ramsar- Konvention zu Feuchtgebieten, UN-Konvention zur Bekämpfung der Wüstenbildung und Konvention zur Erhaltung wandernder Tierarten.
(idw – Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung, 31.03.2005 – DLO)