Archäologie

Ötzi: Gerastet, gegessen, gestorben

Forscher diskutieren Ergebnisse rund um Gesundheitszustand und Tod der Eismumie

Bei -6°C und einer relativen Luftfeuchtigkeit von 98 Prozent ruht Ötzi in einer eigens für ihn entwickelten Kühlzelle im Südtiroler Archäologiemuseum. © Südtiroler Archäologiemuseum

Ötzi, die 5.000 Jahre alte Gletschermumie gibt seit seinem Fund vor 20 Jahren der Wissenschaftswelt Rätsel auf – liefert aber nach und nach auch viele Antworten. Viele davon wurden jetzt in Bozen noch einmal vorgestellt. Rund 100 Mumienforscher aus nahezu allen Kontinenten fanden sich dort zum zweiten Weltmumienkongress an der Europäischen Akademie Bozen (EURAC) zusammen, um über den EIsmann, seine möglichen Erkrankungen und seine Todesumstände zu sprechen.

Einigkeit herrschte beim Bozner Kongress über seine letzte Lebensstunde: „Er hat sich sicher gefühlt, gerastet und ein ausgiebiges Mahl eingenommen. Bei dieser Rast ist er von einem Angreifer überrascht, erschossen und liegen gelassen worden.“, beschreibt Albert Zink, Leiter des EURAC-Instituts für Mumien und den Iceman das Todesszenarium. Es gäbe keine Hinweise auf ein mögliches Begräbnis, wie zeitweise von manchen Forschern vermutet. „ Die Haltung der Mumie mit dem Arm schräg nach oben und das Fehlen von Steinansammlungen oder grabähnlichen Arrangements spricht gegen die Begräbnistheorie.“, fährt er fort.

Ötzi war kein Wanderhirte

Doch wieso befand sich Ötzi überhaupt auf 3.200 Metern Höhe? Die Innsbrucker Wissenschaftler Andreas Putzer, Daniela Festi und Klaus Oeggl widerlegten auf dem Bozner Kongress eine seit 1996 existierende Theorie, nach der Ötzi ein Hirte gewesen sein soll und sein Vieh für die Sommermonate auf hoch gelegene Weideflächen geführt haben sollte. Laut neuster archäologischer und botanischer Erkenntnisse der Wissenschaftler wurde in der Kupferzeit keine saisonale Wanderviehwirtschaft, die so genannte Transhumanz, betrieben. Diese begann, laut Wissenschaftlerteam, erst in der Bronzezeit ab 1500 v. Chr.

Ausgiebige Mahhlzeit kurz vor dem Tod

Dass Ötzi nicht auf der Flucht war, sondern 30 bis 120 Minuten vor seinem Tod ausgiebig gegessen hatte, belegen Magenproben, die Zink und sein Team im Sommer diesen Jahren untersucht hatten: Steinbockfleisch, Getreidekörner, Teile von Blättern, Äpfeln, Fliegenflügel konnten die Forscher unter

dem Mikroskop gut sichtbar erkennen.

Der Innsbrucker Botaniker Klaus Oeggl konnte Pollen der Hopfenbuche in Ötzis Magen nachweisen. Oeggl hatte bereits vor geraumer Zeit eine hohe Konzentration solcher Pollen in Ötzis Darm gefunden und daraufhin angenommen, dass Ötzi im Frühjahr und nicht wie eine Zeit lang vermutet im Herbst gestorben war. Da Nahrung im Magen frischer ist und nur zwei bis vier Stunden dort verbleibt, untermauert der Pollenfund im Magen seine Theorie.

Schädel-Hirntrauma durch Sturz oder Schlag

Nanotechnologische Untersuchungen einer Gehirnprobe an der Ludwig- Maximilian Universität in München bestätigen definitiv eine weitere Annahme: Ötzi hat tatsächlich Schädel-Hirntrauma erlitten. Dieses allein hätte bereits tödlich sein können, hat sicherlich aber neben der Schussverletzung zum Tode beigetragen, so die Wissenschaftler. Unklar bleibt, ob er sich das Trauma durch einen Sturz oder durch einen Schlag auf den Kopf zugezogen hatte.

Der Großteil der Erkenntnisse geht auf Untersuchungen von Gewebeproben aus Magen und Gehirn zurück, die ein Wissenschaftlerteam aus Magdeburg, Bozen und München im November vergangenen Jahres endoskopisch entnommen hatten. Seither untersuchen Forscher aus nahezu allen Fachbereichen diese Proben auf unterschiedliche wissenschaftliche Fragestellungen hin.

(Europäische Akademie Bozen, 25.10.2011 – NPO)

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