Geowissen

Ostpazifik wird rasant saurer

Schon in 30 Jahren könnte Grenze zur Untersättigung mit Karbonat erreicht sein

Satellitenbild des Ostpazifiks, Aufnahme des us-amerikanischen Wettersatelliten GOES-11 (GOES-L), 2010. © NOAA / NASA GOES Project

Das Meer vor der Westküste der USA könnte schon in 30 Jahre so sauer werden, dass für viele Organismen nicht mehr ausreichend Kalk im Wasser gelöst ist. Die Simulation eines internationalen Forscherteams zeigt, dass die Grenze zur Untersättigung mit Kalziumkarbonat bis 2040 die niedrigeren Wasserschichten und bis 2050 das gesamte Meerwasser vor der Küste erreicht sein könnte. Die Forscher rechnen aufgrund dieser Ergebnisse mit einer starken Veränderung des Ökosystems, wie sie in „Science“ berichten.

Die Gewässer vor der Westküste der USA sind weltweit dafür bekannt, dass sie einen besonders großen Reichtum an Tier- und Pflanzenarten bergen. Grund dafür ist, dass der Nordwind das Oberflächenwasser von der Küste wegtransportiert und so dafür sorgt, dass besonders nährstoffreiches Wasser aus der Tiefe an die Oberfläche gelangt. Die küstennahen Gewässer weisen allerdings auch einen allgemein tiefen pH-Wert auf und sind deshalb besonders anfällig für das weitverbreitete Phänomen der Ozeanversauerung. Die Ansäuerung des Meerwassers ist eine direkte Folge der erhöhten CO2-Konzentration in der Atmosphäre, da die Ozeane ungefähr einen Drittel des von den Menschen verursachten Kohlendioxids aufnehmen.

Das CO2 löst sich im Meerwasser, erhöht dessen Säuregrad und senkt dadurch auch den Karbonat-Sättigungsgehalt. Ist das Wasser saurer und untersättigt, löst sich bereits vorhandener Kalk spontan auf und neuer kann sich nicht bilden. Das könnte schwere Folgen für viele Lebewesen haben. So sind beispielsweise Tiere gefährdet, die Kalkschalen oder Kalkskelette bilden, wie zum Beispiel Schnecken oder Korallen.

Wissenschaftler um Nicolas Gruber, Professor am Institut für Biogeochemie und Schadstoffdynamik der ETH Zürich, haben nun untersucht, wie sich der Säuregrad und der Karbonat-Sättigungsgrad entlang der Westküste der USA in Zukunft entwickeln wird. Mit Hilfe von hochauflösenden Modellsimulationen bildeten sie die Zirkulation des Küstengebietes nach. Diese kombinierten

sie mit Modellen der Ökosysteme und des Kohlenstoffkreislaufs, wobei sie insbesondere den Austausch von CO2 mit der Atmosphäre berücksichtigten. So gelang es ihnen, Projektionen bis zum Jahr 2050 für verschiedene Klimaszenarien zu erstellen. Die Resultate stellen sie in der aktuellen Ausgabe der Fachzeitschrift Science vor.

CO2 löst sich im Meerwasser, erhöht dessen Säuregrad und senkt dadurch den Karbonat-Sättigungsgehalt. Die Grafik vergleicht die heutige Situation mit Projektionen für das Jahr 2050. © Nicolas Gruber / ETH Zürich

Grenze zur Untersättigung in 30 Jahren überschritten

Die Simulationen zeigen, dass selbst bei einem optimistischen Klimaszenario der Sättigungsgrad von Karbonat in der untersuchten Region rasch sinkt und dabei die wichtige Grenze zur Untersättigung überschreitet. Während heute die Wassermassen in den obersten 200 Metern noch übersättigt sind, lassen sich solche Wassermassen bis in 30 Jahren im Sommer nur noch in den obersten 60 Metern finden. Im Jahr 2050 wird das Meerwasser das ganze Jahr über keinen genügenden Sättigungsgrad mehr aufweisen. Dies ist besonders alarmierend, weil sich das Leben vieler Organismen in den obersten 100 Metern des Gewässers abspielt.

Am deutlichsten manifestiert sich die Versauerung in den küstennahen 10 Kilometern des Ozeans. Dort wird der pH-Wert im Jahre 2050 bis auf 7.8 absinken. «Starke Veränderungen der Ökosysteme entlang der Westküste der USA sind vorprogrammiert», erklärt Gruber. Wie diese Veränderung konkret aussehen wird, dazu wagen die Wissenschaftler jedoch keine Prognose. Obwohl sie die chemischen und physikalischen Aspekte der Meerversauerung sehr genau berechnen konnten, wissen sie noch zu wenig darüber, welche Lebewesen wie stark betroffen sein werden. Nicht alle Organismen leiden gleichermaßen unter der Ansäuerung des Meeres und einige wenige Arten könnten von ihr sogar profitieren. «Es scheint allerdings, dass Muscheln – speziell in frühen Entwicklungsstadien – am meisten unter der Ansäuerung leiden», sagt Nicolas Gruber.

Sorge bereitet dem Wissenschaftler aber, dass die Ansäuerung in so kurzer Zeit so stark zunimmt. Nicolas Gruber geht davon aus, dass die Grenze zur Untersättigung in den nächsten 20 bis 30 Jahre erreicht wird. Wenn man berücksichtige, wie stark die CO2-Emissionen in den letzten Jahre gestiegen seien, werde sich die Entwicklung kaum noch abwenden lassen: «Unsere Studie ist ein Beispiel dafür, wie der Mensch die Grenzen dessen, was ein Ökosystem tolerieren kann, bereits ausgereizt hat.»

(ETH Zürich, 18.06.2012 – NPO)

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