Wie reagieren die Ozeane auf den vom Menschen verursachten Anstieg des atmosphärischen Kohlendioxids? Diese Frage könnte jetzt eine Studie eines internationalen Teams von Wissenschaftlern beantworten, die zum ersten Mal eine umfassende Langzeitstudie der Verteilung und Konzentration von Kohlenstoff in den Weltmeeren durchgeführt haben.
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Die in der aktuellen Ausgabe des Magazins Science veröffentlichte Studie kombinierte Messungen des Kohlenstoffgehalts und anderer Faktoren wie Temperatur, Salzgehalt, Sauerstoffsättigung oder Nährstoffgehalt in Atlantik, Pazifik und Indischem Ozean. Diese Meere haben zwischen 1800 und 1994 rund 118 Milliarden metrische Tonnen anthropogenes CO2 aufgenommen – rund ein Drittel ihres gesamten langfristigen Potenzials.
Die Wissenschaftler kombinierten für ihre Untersuchung Daten, die in den 1990er Jahren im Rahmen von drei großen Forschungsprogrammen erfasst worden sind, dem World Ocean Circulation Experiment (WOCE), dem Joint Global Ocean Flux Study (JGOFS) und dem Ocean-Atmosphere Carbon Exchange Study (OACES). Das daraus resultierende globale Datenmodell ist nach Ansicht der Forscher einmalig, da es zehnfach höhere Genauigkeit als die letzte globale Erhebung in den 1970er Jahren besitzt und auf zehn mal mehr Daten beruht.
Pufferwirkung bestätigt
„Diese Forschung repräsentiert die erste Synthese von modernen globalen Messungen des anorganischen Kohlenstoffs“, erklärt James Yoder, Leiter der Meeresforschung der amerikanischen National Science Foundation. „Wenn die Ergebnisse mit den Daten zu den Kohlendioxidkonzentrationen in der Atmosphäre kombiniert werden, zeigt sich eindeutig, dass Ozean und Atmosphäre die beiden hauptsächlichen Senken für CO2 seit Beginn der industriellen Revolution sind.“ Die Meere sind das einzige Reservoir auf der Erde, das anthropogenes CO2 über lange Zeiträume hinweg aufnehmen kann und so als Senke fungiert.
Die Analyse der CO2-Gehalte in Eisbohrkernen haben gezeigt, dass in den 400.000 Jahren vor der im 19.Jahrhhundert begonnenen industriellen Revolution die atmosphärischen CO2-Gehalte zwischen 200 und 280 ppm (parts per million) schwankten. Heute hat die CO2-Konzentration in der Atmosphäre bereits 380 ppm erreicht. „Wenn die Ozeane nicht zwischen 1800 und 1994 rund 118 Milliarden metrische Tonnen anthropogenen Kohlenstoff aufgenommen hätten, wären die CO2-Konzentrationen in der Atmosphäre etwa 55 ppm höher als zur Zeit beobachtet.“
Auswirkungen auf Meeresbiologie
Doch die Pufferwirkung des Ozeans bleibt nicht ohne Auswirkungen auf die Meerwasserchemie und die Biologie der Meere. „Weil CO2 ein saures Gas ist, sinken die pH-Werte der oberflächlichen Wasserschichten“, erklärt Richard Feely, Meeresbiologe des PMEL. Wenn die aktuellen Zukunftsprognosen eintreffen, könnten die ozeanischen pH-Werte niedriger sinken als in den gesamten letzten fünf Millionen Jahren.
Freely und seine Kollegen haben die wichtigsten Auswirkungen der vermehrten CO2-Aufnahme untersucht. Messungen des Kalziumkarbonatgehalts in Schalen von Meerestieren zeigen, dass bei hohen CO2-Levels die Dicke und Dichte der Schalen zurückgeht. „Bei steigenden CO2-Konzentrationen im Meerwasser scheint die Wachstumsrate von kalkhaltigem Plankton zurückzugehen als Folge der Auswirkungen des CO2 auf die Kalzifikation“, erklärt Victoria Fabry, Biologin an der California State University in San Marcos. Jüngste Studien haben gezeigt, dass die Kalzifizierungsraten bei CO2-Konzentrationen von 700 bis 800 ppm um 25 bis 45 Prozent absinken. Diese Konzentrationen könnten jedoch bereits am Ende dieses Jahrhunderts erreicht werden, wenn die Verbrennung fossiler Brennstoffe weiter geht wie prognostiziert.
Die Veränderungen im Wachstum von Plankton und anderen Meeresorganismen mit Kalkskeletten könnte die marinen Nahrungsketten stark beeinflussen und in Kombination mit anderen, chemischen Veränderungen die Artenvielfalt und Produktivität der Weltmeere entscheidend verändern.
(National Science Foundation, 20.07.2004 – NPO)