Total vermüllt: Forscher ziehen eine erschreckende Bilanz des schwimmenden Plastikmülls in unseren Meeren: Rund 5,25 Billionen Kunststoffpartikel verschiedenster Größen treiben demnach in den Ozeanen umher. Die gesamte Masse dieses Mülls beträgt fast 270.000 Tonnen – und das ist nur der schwimmende Teil dieser Kunststoffflut. Der Großteil des Mikroplastiks hat sich längst im gesamten Ökosystem verteilt, wie die Forscher im Fachmagazin „PloS ONE“ berichten.
Fischernetze, weggeworfene Plastiktüten, vor allem aber das nur wenige Millimeter kleine Mikroplastik – unser Plastikmüll findet sich inzwischen in fast allen Flüssen, Seen und Ozeanen der Erde. Selbst entlegene Tiefseegebiete sind mit Kunststoffabfällen verschmutzt. Schon länger schlagen Biologen und Meeresforscher deswegen Alarm. Denn die Plastikreste geben giftige Substanzen ans Wasser ab und Meerestiere und Vögel können zugrunde gehen, wenn sie diese Kunststoffpartikel aufnehmen.
Pellets, Tüten, Fischernetze
„Verschärft wird dies dadurch, dass das schwimmende Plastik lange erhalten bleibt, von kleinen Kunststoffpellets bis hin zu ganzen Netzen oder gar Schiffen treibt daher alles quer über die Ozeane“, erklären Marcus Eriksen vom Five Gyres Institute in Los Angeles und seine Kollegen. Sie haben nun ermittelt, wie viel schwimmendes Plastik sich insgesamt in den Meeren befindet und auf welche Größen es sich verteilt.
Für ihre Studie werteten die Forscher die Daten von mehr als 680 Netzfängen und 891 visuellen Rasterfahndungen aus, die 2007 bis 2013 bei 24 Expeditionen in verschiedenen Ozeanen durchgeführt wurden. Diese Daten speisten die Forscher zusätzlich in ein Modell ein, das die Verteilung der Plastikpartikel mit Meeresströmungen und Winden simuliert. Auf diese Weise ermittelten sie auch für nicht beprobte Meeresbereiche die wahrscheinliche Partikeldichte.
Billionen Plastikteile – überall
Das Ergebnis: Allein die Netzfänge ergaben bereits eine Plastikdichte von 1.000 bis 100.000 Partikeln pro Quadratkilometer, wie die Forscher berichten. Auf absolute Spitzenwerte kam dabei das Mittelmeer, in dem sogar bis zu 890.000 Kunststoffteile pro Quadratkilometer gefunden wurden. Insgesamt ermittelten die Forscher die gewaltige Menge von 5,25 Billionen Plastikteilen mit einer Gesamtmasse von 269.000 Tonnen.
Erstaunlicherweise war dabei die Plastikdichte selbst auf der Südhalbkugel fast genauso hoch wie auf der weitaus dichter besiedelten Nordhalbkugel – obwohl es dort weniger Schiffsverkehr gibt. „Das könnte bedeuten, dass der Plastikmüll leichter zwischen den Hemisphären und den großen Strömungswirbeln ausgetauscht wird als bisher gedacht“, mutmaßen die Forscher.
Ozeanwirbel als Müllsammelbecken
„Plastikteile aller Größen wurden dabei in allen Meeresgebieten gefunden“, berichten Eriksen und seine Kollegen. Besonders viele größere Teile schwammen in den fünf großen ozeanischen Wirbel umher, im Nord- und Südpazifik, im Nord- und Südatlantik und im Indischen Ozean. Diese gewaltigen Strömungszentren sind die Sammelbecken dieses Abfalls. Am häufigsten fanden die Forscher dort Schaumstoffteile und Reste von Fischerbojen.
Mikroplastik von weniger als fünf Millimetern Größe fand sich dagegen nahezu überall. Diese winzigen Partikel werden teilweise mit dem Abwasser in die Meere gespült, dazu gehören auch Fädchen von Fleecekleidung oder Kügelchen aus Kosmetika und Zahnpasta. Das meiste Mikroplastik aber entsteht durch der Zerfall und die Erosion von größeren Kunsttoffteilen. Weil die größeren Teile im Laufe der Zeit immer kleiner werden, müsste Mikroplastik daher eigentlich mit Abstand am häufigsten sein.
Rätsel des „verschwundenen“ Mikrosplastiks
Doch das war nicht der Fall: In allen Meeresregionen fand sich etwa gleichviel Mikro- und Makroplastik, wie die Forscher berichten. Von der Masse her machten Kunststoffteile von mehr als 20 Zentimetern Größe sogar drei Viertel der gesamten Verschmutzung aus. Der Grund dafür ist wenig beruhigend: „Das Mikroplastik wird über das gesamte Meeresökosystem verteilt“, sagt Eriksen.
Weil ein Großteil der Kunststoffpartikel auf lange Sicht absinkt oder von Tieren verschluckt wird, ist der an der Meeresoberfläche schwimmende Abfall daher nur ein Teil des Problems. Hinzu kommt: „Unsere Ergebnisse sind extrem konservativ und sollten als Minimalwerte angesehen werden“, betonen die Forscher. Für die Ozeane und ihre Bewohner ist das keine gute Nachricht. (PloS ONE, 2014; doi: 10.1371/journal.pone.0111913)
(PLOS, 11.12.2014 – NPO)