Komplexer Speiseplan: Die frühen Siedler an der Pazifikküste Perus ernährten sich mitnichten ausschließlich von Meeresfrüchten. Stattdessen wussten sie bereits geschickt die vielfältigen Ressourcen an Land wie im Wasser zu nutzen und betrieben womöglich sogar Handel. Das legen nun zwischen 15.000 und 8.000 Jahre alte archäologische Funde nahe. Demnach verfügten die Menschen in der Region erstaunlich früh über viel Wissen und komplexe Sozialstrukturen. Zudem könnten sie länger in dem Küstengebiet verweilt haben als bisher angenommen.
Die ersten Menschen, die Fuß auf den amerikanischen Kontinent setzten, kamen aus Asien. Sie wanderten wahrscheinlich über die Bering-Landbrücke nach Amerika ein – und eroberten ihre neue Heimat Stück für Stück vom Norden aus. Im Laufe kurzer Zeit erschlossen sich die Vorfahren der amerikanischen Ureinwohner nicht nur ganz Nordamerika, sondern breiteten sich auch auf der südlichen Hemisphäre des Kontinents aus.
In den Süden könnten frühe Siedler unter anderem entlang der Pazifikküste eingewandert sein. Archäologische Funde belegen, dass Menschen dort bereits vor mindestens 13.000 Jahren als Jäger und Sammler aktiv waren. Womöglich stellte die Küste eine gut zu bewältigende Route dar, um schnell weiter nach Süden vordringen zu können. Außerdem bot sie ein reichhaltiges Nahrungsangebot in Form von Fischen und Meeresfrüchten, die mutmaßlich einen großen Teil der Ernährung der Einwanderer ausmachten.
Vielfältiger Speiseplan
Wissenschaftler um Tom Dillehay von der Vanderbilt University in Nashville haben nun Hinweise darauf gefunden, dass die Menschen an der Pazifikküste nicht nur früher als bisher bekannt das Meer als Nahrungsquelle für sich entdeckten. Offenbar entwickelten sie sehr früh auch weitere, erstaunlich komplexe Strategien zur Beschaffung von Lebensmitteln.
So stießen die Forscher bei Ausgrabungen in Huaca Prieta, einem Zeremonialhügel im Chicama Valley an der Nordküste Perus sowie anderen nahegelegenen archäologischen Fundstätten auf einfache Steinwerkzeuge, Körbe, Reste von Lebensmitteln und weitere Artefakte. Besonders überraschend: In den zwischen 15.000 und 8.000 Jahre alten Schichten befanden sich neben Belegen für eine maritime Ernährungsweise auch Reste von Früchten wie Avocados, Bohnen und womöglich kultivierte Kürbissorten – Arten, die wahrscheinlich an den weiter entfernten Westhängen der Anden wuchsen.
Zwischen Wasser und Land
Das bedeutet: Zum einen waren die frühen Siedler in Peru bereits vor 15.000 Jahren als Sammler und Jäger in den Küstengewässern aktiv – und damit 2.000 Jahre früher als bisherige Funde nahelegten. Dabei nutzten sie allerdings noch keine komplizierten Techniken wie Angelhaken oder Harpunen, sondern fingen Fische und vielleicht sogar Seelöwen mithilfe simplerer Methoden, wie die Forscher berichten.
Zum anderen scheinen die Menschen dort auch von landwirtschaftlichen Produkten gelebt zu haben. Demnach müssen sie sich zwischen dem Meer und fruchtbaren Gebieten an Land hin und her bewegt haben. Dillehay und seine Kollegen vermuten, dass sich zwischen im Tal und an den Westhängen des Gebirges lebenden Gruppen reger Handel etabliert haben könnte. „Unserer Ergebnisse zeigen, dass die frühen Menschen in Peru die vielfältigen Ressourcen vom Land und aus dem Wasser geschickt zu nutzen wussten“, schreibt das Team.
Verweilen statt weiterziehen?
Die Funde demonstrieren, wie komplex die sozialen Netzwerke der frühen Siedler bereits gewesen sein könnten und wie fortschrittlich ihre Kultur: „Die Artefakte aus Huaca Prieta wie die Werkzeuge, kunstvolle Körbe oder Nahrungsreste werfen neue Fragen über das Tempo der Entwicklung und das Wissen der frühen Menschen in dieser Region auf“, konstatiert Mitautor James Adovasio von der Florida Atlantic University in Boca Raton.
Zudem scheint die Studie die Theorie der schnellen Wanderung in den tiefen Süden infrage zu stellen. Denn die Funde belegen, dass Menschen über einen Zeitraum von mehreren Jahrtausenden immer wieder das Gebiet an der Pazifikküste Perus besiedelten und dort für längere Zeit verweilten. „Wir glauben, dass die Migration der frühen Menschen entlang der Küstenregionen langsamer vonstattenging als gedacht“, schreiben die Forscher.
Ihre Begründung: Weil die Siedler vielfältige maritime und terrestrische Ressourcen nutzten, hatten sie über alle Jahreszeiten und längere Zeiträume hinweg genügend Nahrung für eine nachhaltige Versorgung der Gemeinschaft zur Verfügung. Außerdem mussten die ersten Menschen an der Küste erst einmal lernen, wie sie die Speisekammer der Natur in den unterschiedlichen, sie umgebenden Lebensräumen am besten nutzten konnten, argumentiert das Team. Und um dieses Wissen zu generieren, brauchte es Zeit. (Science Advances, 2017; doi: 10.1126/sciadv.1602778)
(AAAS/ Florida Atlantic University, 26.05.2017 – DAL)