Ein Astronomenteam hat einen Exoplaneten entdeckt, dessen Stern von einer anderen Galaxie in unsere Milchstraße gekommen ist. Der jupiterähnliche Planet ist äußerst ungewöhnlich, denn der Stern, den er umkreist, nähert sich dem Ende seines Lebens und könnte sich anschicken, sich weiter auszudehnen und so den Planeten zu verschlingen.
Ein ähnliches Schicksal könnte auch unserem eigenen Sonnensystem in ferner Zukunft bevorstehen, berichten die Forscher jetzt im Wissenschaftsmagazin „Science Express“. Die Heimatsonne des neuen Exoplaneten gehörte früher zu einer Zwerggalaxie, die aber vor Milliarden von Jahren von unserer eigenen Galaxie „gefressen“ wurde.
Ein „verschluckter“ Stern
Im Laufe der letzten 15 Jahre haben Astronomen fast 500 Exoplaneten entdeckt, die Sterne in unserer kosmischen Nachbarschaft umkreisen, aber keinen außerhalb unserer Heimatgalaxie, der Milchstraße. Nun hat eine Gruppe von Wissenschaftlern einen Planeten mit mindestens der 1,25-fachen Masse des Jupiter entdeckt, der einen Stern extragalaktischen Ursprungs umkreist. Der Stern HIP 13044 befindet sich allerdings inzwischen in der Milchstraße: Er gehört zum so genannten Helmi-Sternstrom, einer Gruppe von Sternen, die ursprünglich Teil einer Zwerggalaxie waren, die sich die Milchstraße in einem Akt von galaktischem Kannibalismus vor etwa sechs bis neun Milliarden Jahren einverleibt hat.
„Das ist für uns eine sehr aufregende Entdeckung“, sagt Rainer Klement vom Max-Planck-Institut für Astronomie (MPIA) in Heidelberg, der die Auswahl der für diese Studie beobachteten Sterne getroffen hat. „Erstmals haben wir in einem Sternstrom – also in einem Überrest einer anderen Galaxie – ein Planetensystem gefunden. Aufgrund der großen Entfernung ist es unmöglich, in anderen Galaxien Planeten zuverlässig nachzuweisen, doch dank der Verschmelzung dieser Zwerggalaxie mit unserer eigenen haben wir jetzt einen extragalaktischen Planeten in Reichweite unserer Teleskope.“
Sternbild „Chemischer Ofen“
HIP 13044 steht von der Erde aus gesehen in einer Entfernung von rund 2.000 Lichtjahren im Sternbild „Chemischer Ofen“ – lateinisch Fornax – am Südhimmel. Die Astronomen entdeckten den Planeten, der die Bezeichnung HIP 13044 b erhalten hat, mit der so genannten Radialgeschwindigkeitsmethode, die misst, wie sich ein Stern aufgrund der Gravitationsanziehung eines um ihn kreisenden Planeten periodisch ein wenig auf die Erde zu und wieder von ihr weg bewegt. Für diese hochpräzise Messung nutzte das Team den hochauflösenden Spektrografen FEROS, der am 2,2 Meter MPG-ESO-Teleskop am La Silla-Observatorium der europäischen Südsternwarte installiert ist.
Roter Riese-Stadium überlebt
Besonders ist den Wissenschaftlern zufolge auch, dass HIP 13044 b einer der wenigen bekannten Exoplaneten ist, der das Stadium als Roter Riese im Leben seines Muttersterns überlebt hat. Darin dehnt sich der Stern sehr stark aus, nachdem ihm der Wasserstoff in seinem Kern ausgegangen ist. HIP 13044 hat sich inzwischen wieder zusammengezogen und fusioniert anstelle des Wasserstoffs nun Helium in seinem Kern. Bis jetzt waren diese so genannten Horizontalast-Sterne ein unerforschter weißer Fleck auf der Landkarte der Planetenjäger.
„Die Entdeckung von HIP 13044 b gelang im Rahmen einer systematischen Suche nach Exoplaneten, deren Muttersterne sich dem Ende ihres Lebens nähern“, erläutert Johny Setiawan, der Leiter des Forschungsprojekts und ebenfalls am MPIA tätig. „Auch unsere Sonne wird sich in ungefähr fünf Milliarden Jahren zu einem Roten Riesen entwickeln wird. Möglicherweise zeigt uns das HIP 13044-System, wie die ferne Zukunft unseres Sonnensystems aussehen wird. Das macht die Entdeckung des Planeten natürlich umso faszinierender.“
Nahe am Mutterstern
HIP 13044 b befindet sich nach Angaben der Astronomen sehr nahe an seinem Mutterstern. Am dem Punkt seiner elliptischen Umlaufbahn, an dem er dem Stern am nächsten ist, beträgt sein Abstand von der Oberfläche des Sterns weniger als dessen Durchmesser – etwa das 0,055-fache der Entfernung Erde-Sonne. Für einen Umlauf um den Stern benötigt der Planet nur 16,2 Tage. Setiawan und seine Kollegen vermuten, dass die Umlaufbahn des Planeten zunächst viel größer gewesen ist, und dass HIP 13044 b während des Rote-Riesen-Stadiums nach innen wanderte.
Etwaige Planeten, die sich von Anfang an weiter innen befunden haben, hätten diese Phase vermutlich nicht überstanden. „Für einen Horizontalaststern rotiert HIP 13044 sehr schnell“, stellt Setiawan fest. „Eine mögliche Erklärung dafür ist, dass der Stern seine inneren Planeten während des Rote-Riesen-Stadiums verschluckt hat und sich dadurch schneller dreht.“
Wie entstehen große Gasplaneten?
Obwohl HIP 13044 b bisher überlebt hat, könnte es laut den Forschern sein, dass er kurz davor steht, ebenfalls von dem Stern verschlungen zu werden, denn im weiteren Verlauf seiner Entwicklung wird HIP 13044 sich erneut ausdehnen.
Der Stern selber wirft außerdem die Frage auf, wie sich überhaupt große Gasplaneten bilden, denn er enthält nur sehr wenige Elemente schwerer als Wasserstoff und Helium – weniger als jeder andere bisher bekannte Stern mit Planeten. „Für die gängige Theorie der Planetenentstehung ist es ein großes Problem zu erklären, wie sich Planeten um einen Stern bilden können, der praktisch gar keine schweren Elemente enthält. Planeten um Sterne wie HIP 13044 sind wahrscheinlich auf eine andere Art und Weise entstanden“, so Setiawan.
(ESO/Max-Planck-Institut für Astronomie, 19.11.2010 – DLO)