Im Wissenschaftsmagazin Nature (Band 421, S. 249-252, 16. Januar 2003) haben die beiden Greifswalder Geowissenschaftler Stephen Foley und Dorrit Jacob mit dem Frankfurter Mineralogen Stephan Buhre Schlussfolgerungen über die Art der Plattentektonik auf der frühen Erde gezogen. Sie sind dabei einem neuen Ansatz nachgegangen.
Anhand von Hochdruckexperimenten an magnesiumreichen (d.h. Hochtemperatur-) Vulkaniten, wie sie in der Frühzeit der Erde die Ozeankruste ausmachten, und Isotopendaten zeigen sie, dass sich die tektonischen Platten damals während Plattenkollisionen anders verhielten als heute. Sie müssen sich beim Auftreffen auf die Kontinentalmassen geteilt haben. Auf der heutigen Erde sinken ozeanische Platten in einem als Subduktion bezeichneten Prozess als Ganzes unter die Kontinente ab.
Die Erde ist etwa 4,55 Milliarden Jahre alt, jedoch stammen weit weniger als 5% der Gesteine aus dem ersten Drittel dieses Zeitraums. Die kontinentale Kruste, also die Landmassen, wurde nach und nach gebildet, mit einem kräftigen Schub zwischen 3,5 und 2,5 Milliarden Jahren vor heute. Dies bedeutet, dass geologische Prozesse in der ersten Hälfte der Erdgeschichte ganz anders abliefen als auf der heutigen Erde. Geologen müssen üblicherweise annehmen, dass Prozesse in der Vergangenheit genau so abliefen wie heute – nur so können sie den Gesteinen Hinweise entlocken, um zu verstehen "was damals los war". Diese Annahme trägt jedoch immer weniger, je weiter man in der Erdgeschichte zurück schaut. Wie also liefen geologische Prozesse in der Frühzeit der Erde ab? Gab es Plattentektonik wie heute?
Den Schlüssel hierzu fanden die Geowissenschaftler aus Greifswald und Frankfurt, indem sie Hochdruckexperimente an winzigen Gesteinsproben durchführten, die in ihrer Zusammensetzung der jungen Ozeankruste entsprachen. Mit den so erhaltenen Daten über Mineralneubildungen und deren Dichten konnten die Forscher in Kombination mit Spurenelementmessungen nachvollziehen, was vor Jahrmilliarden geschah: Vor 3,5 Milliarden Jahren waren die ozeanischen Platten wesentlich dicker, eine Folge der höheren Temperaturen im Erdmantel und damit des größeren Aufschmelzgrades der Gesteine des Erdmantels. Derart verdickte Platten spalten sich während Plattenkollision auf und nur der untere (dichtere) Teil kehrt in den Erdmantel zurück.
Die kontinentale Kruste kann aber erst dann gebildet werden, wenn die oberen, vom Meerwasser veränderten Schichten der ozeanischen Kruste in die Tiefe gedrückt werden, wo sie partiell aufschmelzen. Das zeigt der Vergleich der Spurenelementverhältnisse (Nb/Ta vs. Zr/Sm) früher kontinentaler Gesteine mit Schmelzen aus verschiedenen Bereichen der ozeanischen Platten. Daraus erklären die drei Forscher, warum die Bildung der Kontinente in größerem Umfang erst dann beginnen konnte, als sich die Erde hinreichend abgekühlt hatte (etwa 3,0 Milliarden Jahre vor heute), und weshalb der Wachstumsschub der Kontinente zu dieser Zeit stattfand.
(Dr. Heidi Hoefer, Deutsche Mineralogische Gesellschaft, 25.02.2003 – Dr. Nicole Schmidt / GFZ Potsdam)