Himmlische Fernwirkung: Polarlichter erzeugen nicht nur eindrucksvolle Leuchtphänomene am Himmel, sie bringen auch irdische Seismometer zum Vibrieren, wie Messungen in Alaska belegen. Demnach erzeugen die Auroren spezifische Wellensignale in seismischen Messnetzen, obwohl ihre Magnetturbulenzen in rund 120 Kilometer Höhe stattfinden. Diese Aurora-Schwingungen könnten sich nutzen lassen, um beispielsweise die Ausdehnung von Polarlichtern besser als bisher zu erfassen.
Polarlichter entstehen durch die komplexe Wechselwirkung des Sonnenwinds mit der oberen Erdatmosphäre. Dabei dringen die energiereichen kosmischen Teilchen entlang der Magnetfeldlinien in die Atmosphäre ein und kollidieren dort mit den Sauerstoff- und Stickstoffmolekülen der Luft. Diese werden angeregt und geben die überschüssige Energie als Licht verschiedener Wellenlängen ab – eine Aurora entsteht.
Typischerweise leuchten die Polarlichter in 80 bis 600 Kilometer Höhe. Aber gerade bei stärkeren Sonnenstürmen können die Auroren auch an der Erdoberfläche Auswirkungen haben: Sie erzeugen manchmal ein hörbares Knistern und Knacken – möglicherweise durch elektromagnetische Wechselwirkungen mit den tieferen Luftschichten. Tatsächlich registrieren Magnetometer am Erdboden während eines Polarlichts häufig Turbulenzen.
Seismometer reagieren auf Magnetturbulenzen
Doch es gibt noch andere Instrumente am Erdboden, die die Aurora-Turbulenzen nachweisen können: Seismometer. Auch die Erdbebenmesser reagieren auf starke magnetische Fluktuationen, wie Forscher 1994 bei einem starken Sonnensturm feststellten. Sie registrierten auffallende Ausschläge der hochempfindlichen Sensoren. Seither sind viele Seismometer durch eine magnetableitende Hülle aus einer Nickel-Eisen-Legierung gegen solche Magnetfluktuationen abgeschirmt.
Dass auch einfache Polarlichter schon ausreichen, um die Seismometer zum Ausschlag zu bringen, haben nun Carl Tape von der University of Alaska in Fairbanks nachgewiesen. Für ihre Messungen nutzten sie die nicht abgeschirmten Seismometer des EarthScope-Projekts, von dem allein gut 200 Seismometer in Alaska stehen. Weil an einigen dieser Standorte auch Magnetometer und Himmelskameras installiert sind, konnten die Forscher das Geschehen am Himmel direkt mit den Signalen der Seismometer abgleichen.
Langperiodische Schwingungen
Und tatsächlich: Während dreier Polarlicht-Ereignisse über Alaska schlugen die Seismometer des Netzwerks aus. „Ich war wirklich erstaunt darüber, wie gut man magnetische Stürme mit diesem Messnetz aufzeichnen kann“, sagt Koautor Adam Ringler vom US Geological Survey. Die Aurora-Turbulenzen zeigten sich in langperiodischen Schwingungen mit Wellenlängen von 40 bis 800 Sekunden, die eindeutig nicht auf Bewegungen des Untergrunds zurückgingen, wie die Forscher berichten.
„Es kann manchmal schwierig sein, eindeutig nachzuweisen, dass die Seismometer tatsächlich auf Prozesse reagieren, die ihren Ursprung in 120 Kilometer Höhe haben“, sagt Tape. „Aber es hilft, wenn man simultane Himmelsaufnahmen hat.“ Durch die zeitliche und geografische Korrelation konnten er und sein Team bei allen drei Ereignissen die Seismometer-Signale direkt den Polarlichtern zuordnen.
Nach Ansicht der Wissenschaftler könnten solche Messungen künftig dabei helfen, mehr Details zur Ausbreitung und den magnetischen Eigenschaften der Auroren zu enträtseln. Zudem sei das dichte Netzwerk der seismischen Messstationen eine wertvolle Ergänzung zu den nur wenigen All-Sky-Kameras und Magnetometern. (Seismological Research Letters, 2020; doi: 10.1785/0220200161)
Quelle: Seismological Society of America