Leuchtende Bögen, schimmernde Schleier – das grandiose Himmelsfeuerwerk der Polarlichter fasziniert nicht nur Betrachter sondern auch die Wissenschaft. Forscher haben jetzt mithilfe der „Cluster-Satelliten“ der ESA neue Einblicke in die Unterschiede zwischen zwei Arten von Lichtbögen der Aurora gewonnen. Sie berichten darüber in der Fachzeitschrift „Journal of Geophysical Research“.
Der grundlegende Prozess der Aurora-Entstehung ist vergleichbar mit dem, was in der Röhre eines alten Fernsehers passiert: Beschleunigte Elektronen treffen den Bildschirm und lassen ihn aufglühen. Genauso beim Polarlicht: Hier sind es ebenfalls Elektronen, die in eine „Beschleunigungs-Region“ in etwa 5.000 bis 8.000 Kilometern Höhe geraten und von dort aus in die Ionosphäre geschleudert werden. Hier, in der oberen Atmosphäre, prallen sie in die geladenen Atome und Moleküle der Ionosphäre und übertragen ihnen einen Teil ihrer Energie. Als Folge beginnen die Teilchen zu leuchten – ein Polarlicht entsteht. Soweit das allgemeine Prinzip. Was dabei jedoch genau geschieht, welche Mechanismen im Einzelnen dahinter stecken, erforschen Wissenschaftler bereits seit Jahren – und noch immer sind nicht alle Geheimnisse gelüftet.
U- oder S-Form – von der geographischen Breite abhängig?
Inzwischen ist bekannt, dass die fast statischen elektrischen Felder, die parallel zum Magnetfeld der Erde ausgerichtet sind, für die Beschleunigung der Elektronen eine entscheidende Rolle spielen. Dabei werden diese in hohen Breiten in zwei Richtungen geschleudert – sowohl nach unten als auch nach oben, aus der Atmosphäre hinaus. Die dabei entstehenden Strukturen gehören zwei unterschiedlichen Typen an: Zum einen symmetrische, U-förmige Polarlichter, zum anderen S-förmige, asymmetrische. Bereits 2004 stellte Göran Marklund, Professor am Royal Institute of Technology in Stockholm fest, dass diese Variationen an den Grenzen zwischen Magnetfeldregionen mit unterschiedlichen Eigenschaften entstehen.
Der U-Typ entsteht dort, wo das so genannte zentrale Plasmafeld, das im Magnetschweif der Erde über den äquatorialen Regionen liegt, und die angrenzende Plasma-Grenzschicht aneinander stoßen. Der S-Typ dagegen fand sich eher in den höheren Breiten, an der Grenze zwischen der Grenzschicht und der Polarkappe. Aus diesen Beobachtungen entwickelte Marklund ein Modell, das davon ausging, dass die Bedingungen in den niedrigeren Breiten generell das Entstehen symmetrischer Polarlichtformen förderten, während die Magnetfeldeigenschaften der höheren Breiten eher die S-Form entstehen ließ.
Satelliten widersprechen theoretischem Modell
Doch die neuen Messungen der Cluster-Satelliten bestätigen diese Vorstellung nicht. Eine der Sonden registrierte zwar wie erwartet eine U-förmige, symmetrische Struktur als sie die Grenze zwischen dem zentralen Plasmafeld und der Grenzschicht durchflog, aber nur 16 Minuten später stieß eine zweite Cluster-Sonde im gleichen Gebiet auf eine asymmetrische, S-förmige Struktur, die eigentlich für diese Region als untypisch galt. Gleichzeitig zeigte sich jedoch, dass sich in dem kurzen Zeitraum zwischen der ersten und zweiten Messung das Plasmafeld tatsächlich deutlich verändert hatte: Die Strömungen und Teilchenbewegungen nahmen ab und glichen beim zweiten Mal tatsächlich den asymmetrischen Bedingungen, wie sie über den Polen herrschen.
Die Forscher folgern daraus, dass weniger die Lage der Polarlichter sondern vielmehr die zu ihrer Entstehung herrschenden durchaus wechselhaften Bedingungen für den konkreten Typ des Lichtbogens verantwortlich sind. Diese Erkenntnis repräsentiert einen wichtigen Schritt im Verständnis der Polarlichter, dennoch bleiben noch immer zahlreiche Fragen offen. So zum Beispiel, wie der Beschleunigungsprozess ausgelöst und erhalten wird. Weitere Messungen der Cluster-Satelliten in den nächsten Jahren sollen hier Klärung schaffen.
(NASA/ESA, 12.02.2007 – NPO)