Geowissen

Polarstern zurück im Arktis-Eis

Nach einem Crew-Wechsel vor Spitzbergen setzt die MOSAiC-Expedition ihre Arbeit fort

Polarstern
Das Forschungsschiff Polarstern ist zur Eisscholle der arktischen Drift-Expedition MOSAiC zurückgekehrt – jetzt kann die wissenschaftliche Arbeit weitgehen.© Alfred-Wegener-Institut/ Mario Hoppmann

Trotz Corona: Wegen der Pandemie fiel der jüngste „Schichtwechsel“ der MOSAiC-Expedition anders aus als sonst – der Eisbrecher Polarstern musste dafür seine Eisscholle verlassen und die neue Wissenschaftlergruppe selbst vor Spitzbergen abholen. Doch nun ist das Schiff zurück im Eis der Artis und die größte Arktisexpedition aller Zeiten kann ihre Arbeit fortsetzen. Für die Forschung beginnt nun eine der in Bezug auf den Klimawandel spannendsten Phasen.

Seit Herbst 2019 driften der Eisbrecher Polarstern, gut 100 Wissenschaftler und ihre auf einer Eisscholle errichteten Forschungsstationen mit der Transpolardrift durch die zentrale Arktis. Die ein Jahr dauernde MOSAiC-Expedition sammelt dabei einzigartige und wertvolle Daten aus diesem bislang kaum erforschten und für das Erdklima entscheidenden Gebiet. Im Februar 2020 kam die Polarstern dabei dem Nordpol so nah wie noch nie ein Schiff im Winter.

Drei Forschungsschiffe
Polarstern, Sonne und Maria S Merian beim Austausch von Mensch und Material vor Spitzbergen. © Alfred-Wegener-Institut / Leonard Magerl,CC-by-sa 4.0

Doch auch an der MOSAiC-Expedition ist die Corona-Pandemie nicht spurlos vorübergegangen. Erst wurde ein Teilnehmer positiv auf SARS-CoV-2 getestet – glücklicherweise vor Abreise in die Arktis. Dann konnten die russischen Versorgungseisbrecher wegen der Pandemiebestimmungen nicht auslaufen. Dadurch musste die Polarstern Mitte Mai ihre Eisscholle verlassen und den Teamwechsel vor Spitzbergen selbst übernehmen.

Zurück an der Scholle

Jetzt gibt es gute Nachrichten: Die Polarstern hat am 17. Juni 2020 ihre angestammte Eisscholle im Nordpolarmeer wieder erreicht. Dank GPS-Sendern auf der Scholle war das Finden des Messcamps kein Problem, das dorthin gelangen allerdings schon: „Wichtig ist, wie bereits zu Zeiten der alten Entdecker, nicht sinnlos irgendwo reinzufahren, sondern die richtige Eintrittsposition ins Eis zu finden“, berichtet Kapitän Thomas Wunderlich.

Obwohl der Eisbrecher zwischendurch einige Tage stecken blieb, weil sich das Eis vor ihm zusammenschob, liegt die Polarstern nun wieder an der Scholle, auf der auch in ihrer Abwesenheit zahlreiche autonome Messinstrumente weiter Daten gesammelt haben. „Der ursprüngliche feste Bereich der Scholle, unsere sogenannte Festung, hat die Verformungen im Frühjahr größtenteils intakt überstanden und ist auch jetzt weiter eine gute Basis für unser Forschungscamp“, berichtet Expeditionsleiter Markus Rex vom Alfred-Wegener-Institut für Polar- und Meeresforschung (AWI).

Eisschmelze live und vor Ort

Für die Wissenschaftler beginnt nun eine der spannendsten Phasen der arktischen Drift-Expedition. Denn die sommerliche Eisschmelze hat begonnen und auf dem Meereis bilden sich viele Schmelzwassertümpel, die Abtaurate und Strahlungsbilanz verändern. Zudem bricht das Eis an vielen Stellen auf und über die Spalten und Risse entweichen Wasserdampf und Aerosole. Sie können die Wolkenbildung in der Atmosphäre beeinflussen – und sind daher ebenfalls ein wichtiges Forschungsobjekt.

„Wir werden in dem jetzt beginnenden Sommer in nie dagewesener Detailschärfe die Prozesse im arktischen Klima während der Schmelzsaison erforschen können“, sagt Rex. Dazu gehört die Frage, wie Dicke und Beschaffenheit des Eises die Klimaprozesse beeinflussen, welche Rolle die Schneeauflage auf dem Meereis spielt und wie das Zusammenspiel mit Atmosphäre und Wolken funktioniert. Auch Wasserwirbel die unter dem Eis durch Meeresströmungen entstehen, werden Wissenschaftler untersuchen.

Wird die Eisscholle halten?

Ob die Eisscholle das sommerliche Abtauen intakt übersteht, ist noch offen. „Mit dem jetzt einsetzenden sommerlichen Schmelzen werden wir mit unseren Aufbauten sehr mobil sein und uns jeweils an die sich entwickelnden Bedingungen anpassen müssen“, sagt Rex. „Eventuell werden wir das Forschungscamp später im Sommer auch nochmal verlegen – das hängt von der Entwicklung der Eisbedingungen ab.“

Quelle: Alfred-Wegener-Institut, Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung

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