Doch keine „Enthauptung“: Erst vor wenigen Wochen sorgte ein in Pompeji entdecktes Skelett für Aufsehen. Denn der junge Mann schien auf der Flucht vor dem Vulkanausbruch von einem Steinblock erschlagen worden zu sein. Jetzt haben Archäologen seinen Schädel gefunden – weitgehend intakt. Der Tote wurde demnach nicht enthauptet, sondern starb im Glutstrom der Eruption. Sein Schädel löste sich erst Jahrhunderte später vom Körper.
Ende Mai haben Archäologen bei Ausgrabungen in Pompeji einen spannenden Fund gemacht: In einem Grabungsgebiet nördlich der bereits bekannten Stadtteile des antiken Ortes stießen sie auf das Skelett eines toten Mannes, dessen Brustkorb und Kopf unter einem einen Meter großen Steinblock vergraben lagen. Die Archäologen nahmen an, dass dieser Block vom Glutstrom der Vesuv-Eruption mitgerissen wurde und dann den flüchtenden Mann erschlug. Den zertrümmerten Oberkörper und Schädel des Toten vermuteten sie noch unter dem Steinblock.
Fehlenden Schädel gefunden
Das tragische Ende dieses antiken Flüchtlings und die eindrucksvollen Fotos seines halb unter dem Steinblock begrabenen Skeletts gingen um die Welt. Nähere Untersuchungen des Skeletts enthüllten zudem, dass der zum Zeitpunkt des Vulkanausbruchs etwa 30-jährige Mann unter einer Knocheninfektion litt. Möglicherweise konnte er deshalb erst fliehen, als es schon zu spät war.
Jetzt gibt es Neues von der antiken Unglücksstelle: Die Archäologen haben inzwischen den Steinblock gehoben und die darunterliegenden Ablagerungsschichten freigelegt. Dabei sind sie wie erhofft auf die Überreste des Brustkorbs, der Oberarme sowie auf den Schädel des toten Mannes gestoßen. Diese Knochen fanden sich in einer deutlich tieferliegenden Schicht des Untergrunds, wie sie berichten.
Erstickt statt erschlagen
Das Überraschende jedoch: Der Schädel des toten Vulkanopfers ist noch weitgehend intakt. Das widerspricht dem vermeintlichen Tod durch „Enthauptung“, wie auch die Wissenschaftler erklären. Stattdessen gehen sie davon aus, dass dieser Tote ähnlich wie die meisten Vulkanopfer von Pompeji im pyroklastischen Strom der Eruption erstickt ist. Ein solcher Strom aus heißem Gas, Asche und Glut kann ein Tempo von mehreren hundert Stundenkilometern und erreichen.
Die Ausgrabung enthüllte zudem, dass der Schädel des Mannes wahrscheinlich erst Jahrhunderte nach seinem Tod vom restlichen Skelett getrennt wurde. Denn wie die Archäologen entdeckten, liegt unter dem Skelett ein halb verschütteter Tunnel, der im 19. Jahrhundert angelegt worden war. Als dieser einbrach, rutschten Schädel und Oberkörper des Toten in die Tiefe. Der Steinblock jedoch und der restliche Körper des Toten blieben auf der antiken Straßenebene Pompeis liegen.
Ob der flüchtende Mann dennoch in irgendeiner Form vom Steinblock getroffen wurde, ist noch unklar. Die Archäologen halten es aber eher für unwahrscheinlich. Denn erste Untersuchungen der Knochen haben zwar Hinweise auf einige Knochenbrüche an der unteren Körperhälfte des Toten ergeben. Diese seien aber nicht gravierend genug, um von diesem Ein-Meter-Block zu stammen. Die Forscher hoffen, im Rahmen weiterer Analysen herauszufinden, wie dieser Bewohner Pompejis zu Tode kam und wie seine letzten Lebensmomente verliefen.
(Pompeji – Parco Archeologico, 09.07.2018 – NPO)