Forscher der Universität Hannover haben ein weltweit einzigartiges Messverfahren für die Kalibrierung von GPS-Antennen entwickelt, das eine wesentlich genauere Positionsbestimmung von Satelliten ermöglicht. Der Forschungssatellit GOCE (Gravity field and steady state Ocean Circulation Explorer) soll als erster im August 2006 dieses Verfahren nutzen und das Erdschwerefeld in nicht gekannter Präzision vermessen.
Damit der Satellit GOCE der European Space Agency (ESA) die hochgenauen Messungen des Erdschwerefelds vornehmen kann, ist eine exakte Positionsbestimmung mithilfe des „Global Positioning System“ nötig. Da die GPS-Empfangseinheit im Weltraum jedoch einer Vielzahl von Störfaktoren ausgesetzt ist, kann das Messergebnis verfälscht oder deren exakte Interpretation erschwert werden.
Solche unerwünschten Nahfeldeinflüsse wie beispielsweise die Reflexionen der Sonnenkollektorflächen konnten erstmals vom Institut für Erdmessung (IfE) der Universität Hannover auf der Erde simuliert werden. Dies ermöglicht die exakte Vorhersage der störenden Auswirkungen auf die Messergebnisse. „Damit geben wir der ESA die Möglichkeit, die von GOCE aufgezeichneten Positionsdaten von Fehlern zu bereinigen, um so zu hochpräzisen Ergebnissen zu gelangen“, erklärt Florian Dilßner, der beim IfE für die praktische Durchführung der Kalibrierung zuständig ist.
Sonnensegel in Hannover
Um die Störungen simulieren zu können, wurde ein Modell des Sonnensegels des Satelliten nach Hannover geliefert, und dort mit einer GPS-Antenne auf einem Spezialroboter montiert. Dieser ermöglicht durch besondere Dreh- und Kippbewegungen eine Kalibrierung, die verfälschende Reflexionen der Messumgebung wie beispielsweise durch Hauswände oder Autos zu eliminieren hilft. So konnten die Störungen, die aus den umgebenden Sonnenkollektoren resultieren, isoliert betrachtet und bewertet werden.
„Nur mit dieser speziellen Kalibrierung ist es später möglich, die Position des Satelliten im All auf bis zu einen Zentimeter genau zu bestimmen, und das über eine Entfernung von 20.000 Kilometern“, erklärt Dilßner. Denn während GOCE als LEO (Low Earth Orbiter) in einer Höhe von „nur“ 250 Kilometern um die Erde kreist, kommuniziert er für die Positionsbestimmung mit GPS-Satelliten, die mit 20.200 Kilometern in einer deutlich höheren Umlaufbahnen schweben.
GOCE auf Forschungskurs
Der Forschungssatellit GOCE soll voraussichtlich ab Mitte 2006 neue Erkenntnisse über das globale Erdschwerefeld liefern, das in neuer und äußert detaillierter Auflösung von einem Konsortium von zehn europäischen Institutionen berechnet wird. Von deutscher Seite sind hieran maßgeblich die Technische Universität München, das GeoForschungsZentrum Potsdam und die Universität Bonn beteiligt.
Die präzise Kenntnis des Schwerefelds ist zum Beispiel die Voraussetzung für die Bestimmung von Meeresspiegelschwankungen. Die Forscher wollen mit den von GOCE gesammelten Daten besser vorhersagen, wie sich die globale Erwärmung langfristig auf die Ozeane auswirkt. Entwickelt wurde diese besondere Variante der Antennenkalibrierung in Kooperation mit der Firma Geo++ aus Garbsen. Im Auftrag der ESA arbeitet das IfE gemeinsam mit dem italienischen Raumfahrtunternehmen Alenia Spazio, Turin an diesem Projekt.
(Universität Hannover, 11.10.2005 – AHE)