Paläontologie

Pterosaurier waren Langsamflieger

Fähigkeit zur gedrosselten Geschwindigkeit reduzierte Verletzungsgefahr bei der Landung

Flugsaurier Pteranodon © Heinrich Harder

Die Flugsaurier der Urzeit waren sicher keine großen Flugkünstler, aber sie beherrschten eine für sie überlebenswichtige Technik: das Langsamfliegen. Das zeigen Messungen der aerodynamischen Eigenschaften von Flügelrekonstruktionen im Windkanal. Der langsame Flug ermöglichte besonders sanfte Landungen und schützte die extrem dünnwandigen Knochen der Tiere vor dem Brechen.

Sie waren die Herrscher der Lüfte, die größten Tiere, die jemals flogen: die Pterosaurier. Doch wie genau sie es schafften, sich mit ihren bis zu zwölf Metern Flügelspannweite in die Lüfte zu erheben, ist bis heute umstritten. Während die kleineren Formen vermutlich recht gute Flieger waren, vermuten Forscher, dass die größeren Exemplare sich vorwiegend im Gleitflug bewegten. Dazu passt, dass viele Fossilien dieser Arten in der Nähe damaliger Meeresküsten oder großer Binnengewässer gefunden wurden. Doch im Gegensatz zu denn der heute lebenden Albatrosse waren die Knochen der Flugsaurier sehr dünnwandig und nicht sehr stabil. Wie sie es schafften, trotzdem zu landen ohne sich jedesmal die Knochen zu brechen, war daher lange Zeit ein Rätsel.

Nachbauten im Windkanal getestet

Jetzt hat Colin Palmer, Wissenschaftler an der Universität von Bristol sich genau dieser Frage angenommen. Der Ingenieur und Paläontologe konstruierte Modelle von Pterosaurierflügeln und Flügelkomponenten aus Epoxidharz und Kohlefaser-Verbundmaterial und testete ihre Eigenschaften im Windtunnel. Die Ergebnisse sind jetzt in der Fachzeitschrift „Proceedings of the Royal Society B“ erschienen.

Die Tests enthüllten erstmals die quantitativen Charakteristiken der Saurierflügel und zeigten, dass die Tiere weitaus weniger aerodynamisch effizient waren als angenommen. Dafür aber besaßen sie eine andere wichtige Fähigkeit: Sie konnten extrem langsam fliegen.

Fähigkeit zum langsamen Flug

„Pterosaurierflügel waren an einen langsamen Flug angepasst, der die Sink-Rate minimiert“, erklärt Palmer. „Dieses Flugverhalten ist nicht geeignet für den marinen, dynamischen Flugstil vieler heutiger Seevögel, der eine hohe Fluggeschwindigkeit gekoppelt mit großer aerodynamischer Effizienz erfordert. Aber er eignet sich gut für das Schweben auf thermischen oder Hangaufwinden.“ Vermutlich segelten die Pterosaurier daher vorwiegend in den Gebieten, in denen die Winde eher sanft und stetig wehten, als an sturmumtosten, raueren Küsten.

Sanfte Landung schützte vor Knochenbrüchen

Ihr langsamer Flug und die stark veränderbare Geometrie ihrer häutigen Flügel verlieh ihnen jedoch noch eine wichtige Fähigkeit: Sie konnten mit extrem geringen Geschwindigkeiten landen und damit sehr sanft und schonend aufsetzen. „Da die Knochen der Pterosaurier sehr dünnwandig waren und daher hochgradig anfällig für Impakt-Schäden, könnte die Fähigkeit, mit geringer Geschwindigkeit zu landen, einen wichtigen Beitrag geleistet haben, Verletzungen zu vermeiden.“

Dies wiederum könnte den geflügelten Sauriern dazu verholfen haben, weitaus größere Spannweiten zu erreichen als die heutigen Vögel. Die gewaltige Größe hatte jedoch auch Nachteile: „Sie nahmen damit in Kauf, sehr anfällig gegenüber starken Winden und Turbulenzen zu sein, sowohl im Flug als auch auf dem Boden, ähnlich wie bei den modernen Paraglidern“, so Palmer.

(University of Bristol, 24.11.2010 – NPO)

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