Flackernde Lichter am Himmel: Forscher haben die Ursache der mysteriösen pulsierenden Polarlichter entdeckt: Sie entstehen, weil Elektronen wie winzige Pingpong-Bälle entlang der Magnetfeldlinien zwischen beiden Erdhalbkugeln hin- und her rasen. Das Überraschende daran: Diese Elektronen sind eher langsam und energiearm und wurden deshalb in bisherigen Modellen ignoriert. Doch wie sich jetzt zeigt, spielen sie eine wichtigere Rolle als gedacht.
Typischerweise häufen sich Polarlichter immer dann, wenn ein Sonnensturm die Erde trifft. Der energiereiche Teilchenstrom prallt dann auf das Erdmagnetfeld und setzt schnelle Elektronen frei, die dann entlang der Magnetfeldlinien in Richtung Pole rasen. In der oberen Atmosphäre kollidieren sie dabei häufig mit Gasteilchen, die durch diesen energiereichen „Schubs“ zu leuchten beginnen. Typischerweise bilden die Auroren lange, geschwungene Schleier am Himmel, manche vorhangartig, andere eher flächig.
Flackernde Flecken
Doch es gibt noch einen anderen, weitaus mysteriöseren Polarlichttyp: die pulsierenden Auroren. Sie erscheinen als Flecken am Himmel, die wie eine flackernde Neonröhre immer wieder im Wechsel aufleuchten und erlöschen. Und im Gegensatz zu normalen Polarlichtern sind sie von Sonnenstürmen unabhängig: Sie treten auch dann auf, wenn gerade keine energiereichen Teilchen auf die Magnetosphäre einprasseln.
Marilia Samara vom Goddard Space Flight Center der NASA und ihre Kollegen haben diese Polarlichter nun erstmals sowohl mit Hilfe von erdbasierten Beobachtungen als auch mit gleichzeitigen Satellitenmessungen untersucht. Dadurch konnten sie nachverfolgen, was im Magnetfeld geschieht, während diese Lichter am Himmel aufleuchten.
Pingpong der Elektronen
Wie sich zeigt, spielen auch bei den pulsierenden Auroren Elektronen eine Rolle. Sie werden jedoch durch wellenförmige Turbulenzen in der Magnetosphäre der Erde freigesetzt, nicht durch von außen einströmenden Teilchen, wie die Forscher entdeckten. Diese Elektronen fliegen zudem nicht einfach zum nächstgelegenen Pol, sondern rasen entlang der Magnetfeldlinien immer zwischen den beiden Hemisphären der Erde hin und her – das erzeugt das regelmäßige Flackern.
„Die Hemisphären sind magnetisch miteinander verbunden“, erklärt Robert Michell vom Goddard Space Flight Center. „Immer, wenn eine pulsierende Aurora in der Nähe des Nordpols erscheint, gibt es daher auch ein pulsierendes Polarlicht in der Nähe des Südpols.“ Die Elektronen rasen entlang der verbindenden Feldlinien hin und her wie winzige Pingpongbälle.
Auf die Langsamen kommt es an
Überraschend dabei: Bei diesen Elektronen handelt es sich nicht um die schnellen Teilchen aus dem Magnetschweif wie bei den herkömmlichen Auroren, wie die Wissenschaftler entdeckten. Stattdessen sind es sehr viele langsamere, weniger energiereiche Elektronen, die die flackernden Auroren auslösen. Sie entstehen erst sekundär durch Kollisionen der schnelleren Elektronenvarianten.
Wie die Forscher erklären, ist dies unerwartet, denn bisher galten diese Sekundärelektronen als zu langsam und energiearm, um Polarlichter auslösen zu können – sie tauchen daher in den gängigen Modellen gar nicht erst auf. „Jetzt aber zeigt sich, dass diese Sekundärelektronen ein großes Puzzleteil der Erklärung dafür sein könnten, wie, warum und wann Polarlichter in der oberen Atmosphäre ausgelöst werden“, sagt Samara.
In Modellen bisher ignoriert
Auch wenn die einzelnen Sekundärelektronen wenig ausrichten, der kumulative Effekt vieler solcher Sekundärelektronen zusammen reicht offenbar aus, um die flackernden, pulsierenden Auroren zu verursachen. „Wir benötigen nun weitere Beobachtungen um herauszufinden, wie wir diese energiearmen Sekundärelektronen in unsere Modelle einfügen können“, sagt Samara. „Aber es scheint klar, dass sie eine wichtigere Rolle spielen könnte als bisher gedacht.“
Und noch etwas Unerwartetes beobachteten die Forscher: Am stärksten flackerten die Auroren nicht etwa, wenn besonders viele dieser langsameren Elektronen unterwegs waren, sondern immer dann, wenn ihre Menge plötzlich deutlich abnahm. Warum das so ist, bleibt bisher jedoch rätselhaft. (Journal of Geophysical Research: Space Physics, 2015; doi: 10.1002/2015JA021292)
(NASA, 08.10.2015 – NPO)