Geowissen

Rätsel der purpurnen Sonnenaufgänge gelöst

Vulkanausbruch in Russland verschleierte Atmosphäre bis nach Nordamerika

Sonnenaufgang
Sonnenaufgang in Colorado Ende August 2019. Woher die auffallend violette Farbe des Himmels kommt, haben Forschre nun herausgefunden. © University of Colorado/ Glenn Randall, www.glennrandall.com

Violetter Schimmer: In diesem Sommer sind die Sonnenauf- und -untergänge vielerorts besonders farbig – der Himmel erscheint teilweise sogar tiefviolett. Den Grund dafür enthüllen nun Messungen mit Stratosphärenballons. Demnach enthalten einige Stratosphärenschichten zurzeit rund 20-mal Aerosole als sonst. Schuld daran ist die Eruptionswolke eines Vulkanausbruchs auf der russischen Halbinsel Kamtschatka.

Das Phänomen fiel zuerst einigen Fotografen auf, die im Juli und August 2019 in verschiedenen Regionen der USA Aufnahmen vom Morgen- und Abendrot machten: Der Himmel leuchtete an einigen Tagen auffallend intensiv in rötlich-violetten Farbtönen – und dies offenbar unabhängig vom Ort oder speziellen Wetterumständen. Aber warum?

Raikoke-Ausbruch
Ausbruch des Raikoke-Vulkans in Kamtschatka am 22. Juni 2019. © NASA

Vulkanausbruch als Ursache?

Schon länger ist bekannt, dass Schwebstoffe in der oberen Atmosphäre die Sonnenuntergänge besonders intensiv färben können. Die Partikel streuen und brechen das Sonnenlicht und lassen den Himmel dadurch rötlicher erscheinen. Besonders plakativ war dies im Jahr 1815 nach dem Ausbruch des indonesischen Vulkans Tambora zu beobachten: Er schleuderte so viele Schwefelgase und Asche in die Atmosphäre, dass die Künstler ihren in dieser Zeit gemalten Sonnenuntergängen einen deutlichen Rotstich verliehen.

Doch einen Vulkanausbruch vom Kaliber der Tambora-Eruption hat es im Sommer 2019 nicht gegeben – dafür aber eine auf den ersten Blick eher kleinere Eruption auf der russischen Halbinsel Kamtschatka. Dort war am 22. Juni 2019 der Raikoke-Vulkan ausgebrochen und hatte eine Wolke aus Asche und schwefelhaltigen Gasen hoch in die Atmosphäre geschleudert.

20-mal mehr Aerosole in der Stratosphäre

Könnte dies ausgereicht haben, um einen Aerosolschleier in der Stratosphäre zu erzeugen? Um das herauszufinden, schickten Lars Kalnajs von der University of Colorado und seine Kollegen mehrere Höhenballons mit Messgeräten in die Stratosphäre. „Es ist wichtig, dass wir nach einer größeren Eruption schnell Daten bekommen“, erklärt Kalnajs. Denn man müsse wissen, ob ein „Jahr ohne Sommer“ drohe oder ob der Ausbruch nur geringe Klimaeffekte erzeugt.

Die Messungen enthüllten: In einigen Schichten der Stratosphäre ist die Aerosoldichte zurzeit tatsächlich rund 20-mal höher als sonst, wie die Forscher berichten. Die Eruptionswolke des Raikoke-Ausbruchs hat demnach größtenteils die Stratosphäre erreicht und sich in ihr verteilt. Die Schwebstoffe der Eruption sind dadurch über weiten Teilen der Nordhalbkugel nachweisbar – und reichen aus, um die Sonnenauf- und untergänge rötlich zu verfärben.

Schleier über der Nordhalbkugel

„Das demonstriert, dass man gar nicht so viele Aerosole in die Stratosphäre bringen muss, um einen Effekt zu erzielen“, sagt Kalnajs. „Wir hatten hier einen relativ kleinen Vulkanausbruch, aber es war trotzdem genug, um einen Großteil der nördlichen Hemisphäre zu beeinflussen.“ Entscheidend dafür ist vor allem, dass die Eruptionswolke hoch genug aufsteigt, um die Grenze zwischen Troposphäre und Stratosphäre zu durchstoßen. Im Falle des Raikoke lag diese Grenze in elf Kilometern Höhe, die Wolke stieg jedoch bis zu 17 Kilometer hoch.

Allerdings: Um das Klima signifikant zu verändern, reichte die Aerosolmenge des Raikoke-Ausbruchs nicht, wie die Wissenschaftler erklären. Der dichtere Aerosolschleier aber könnte uns noch ein bis zwei Monate erhalten bleien – und damit auch die Chance auf besonders farbenprächtiges Morgen- und Abendrot.

Quelle: University of Colorado

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