Überraschende Ergebnisse, wertvolle Einsichten und fantastische Bilder: Das alles brachten Wissenschaftler des DFG-Forschungszentrums Ozeanränder von der 67. Fahrt der Meteor mit. Im Golf von Mexiko untersuchten sie mit dem Tauchroboter QUEST die erst vor zwei Jahren entdeckten Asphaltvulkane. Das umfangreiche Film- und Probenmaterial könnte schon bald neue Erkenntnisse über das einzigartige Ökosystem in drei Kilometern Tiefe liefern.
Gerhard Bohrmann sprüht förmlich vor Begeisterung, wenn er die kurzen Videosequenzen und Bilder von der vor wenigen Wochen beendeten Fahrt zeigt. „ Wir haben diese Strukturen bisher nur in schwarz-weiß und in recht schlechter Qualität gesehen“, erzählt der Vizedirektor des DFG-Forschungszentrums Ozeanränder. „Mit dem QUEST haben wir jetzt Aufnahmen in Fernsehqualität, damit können wir viel besser erkennen, wie sich bestimmte Strukturen entwickelt haben.“
Auf der Suche nach Öl…
Und zu erkennen gab es viel: „Asphaltvulkane sind Stellen am Meeresboden, an denen sehr zähe Flüssigkeiten aus dem Meeresboden austreten, die einen hohen Anteil an Öl und Bitumen enthalten. Bis jetzt kennen wir sie nur aus dem Golf von Mexiko.“ Interessant sind vor allem die vielen Tiere, die dort leben. Sie bilden ein komplett neues Ökosystem, von dem bis jetzt noch nicht bekannt ist, wovon es sich ernährt. Dies zu klären war eines der Ziele der Fahrt.
Ein weiteres Ziel war es, zu klären, wie groß das Gebiet ist, in dem Asphaltvulkane vorkommen. Dabei hilft die Bathymetrie, die mit Hilfe von Schallwellen die Höhenstruktur des Meeresbodens abbildet. Doch auch Satellitenbilder zeigen, was am Meeresboden passiert. „Wir suchen Asphaltvulkane, indem wir auf Satellitenbildern nach relativ kleinen Ölflecken auf dem Wasser schauen. Diese stammen von Öl, das aus 3.000 Metern Tiefe an die Oberfläche steigt. Finden wir Stellen, an denen sich die Ölflecken über lange Zeit am selben Ort halten, lohnt es sich nachzusehen, ob dieses Öl aus einem Asphaltvulkan aufsteigt.“
„Karamell“ am Meeresgrund
Wenn das Ölgemisch aus dem Boden austritt, dann ist es manchmal so zähflüssig, dass es Fäden zieht, wie Karamell. Die leichteren Bestandteile wie Gase und leichte Öle entweichen aus dem Gemisch und steigen bis zur Oberfläche auf. Die zähflüssigen Fäden des zurückbleibenden Gemischs werden daher manchmal so schwer, dass sie einfach wieder umfallen und zum Meeresboden zurücksinken. „Wir haben einen bizarr geformten Hügel gefunden, der nur aus solchen umgefallenen Fäden aufgebaut ist“, berichtet der Meeresgeologe. „Wir haben noch nicht einmal einen guten Namen für diese Strukturen, so andersartig sind sie.“
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Eine andere Sensation, die seine Augen zum Leuchten bringen sind Bilder von Gashydrat am Meeresboden, das eine eindeutige Blasenstruktur zeigt. Gashydrat entsteht, wenn sich unter hohem Druck und niedrigen Temperaturen Methan und Wasser zu einem eisartigen Gemisch verfestigen. Die jetzt vom Tauchroboter QUEST aufgenommenen Bilder zeigen, wie das Gashydrat entstanden ist: „Blasen des Methangases steigen aus dem Meeresboden auf. Ähnlich einer Seifenblase bildet sich sofort eine dünne Haut aus Gashydrat, da das Methan mit dem hier reichlich vorhandenen Wasser reagiert.“ Nach und nach verfestigt sich auch der Inhalt der Bläschen. „Diese Struktur haben wir zwar schon an eingefrorenen Proben gesehen, aber nie so deutlich und klar, wie direkt auf den Bildern direkt vom Meeresboden, die wir jetzt wissenschaftlich auswerten können.“
Des Rätsels Lösung im Gepäck?
Viel Arbeit liegt vor den Teilnehmern der Fahrt, denn die reiche Ausbeute an Material muss gesichtet, bewertet, analysiert und interpretiert werden. „Wir haben auch Hinweise darauf, woher das Ökosystem seine Nahrung bezieht. Aber diese Ergebnisse können wir noch nicht veröffentlichen, das muss – wie so vieles – erst noch geprüft und abgesichert werden.“ Gerade bei solch spektakulären und unerwarteten Ergebnissen werden Wissenschaftler sehr vorsichtig, mit dem was sie sagen.
Bevor die Videos und ein Großteil der Bilder für die Öffentlichkeit freigegeben werden, heißt es also noch ein wenig Geduld zu haben. Aber wenn in den nächsten sechs bis zwölf Monaten die ersten Veröffentlichungen geschrieben sind, können wir uns auf spektakuläre Unterwasser-Aufnahmen freuen, die eine bizarre, wunderschöne und völlig unbekannte Welt zeigen. Und das in nur drei Kilometern Entfernung – nach unten!
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(Kirsten Achenbach/DFG-Forschungszentrum Ozeanraender, 02.06.2006 – AHE)