Der ur-afrikanische und der ur-südamerikanische Kontinent sind bei der Entstehung von Gondwana nicht frontal aufeinandergeprallt, sondern zumindest teilweise aneinander vorbeigeglitten. Dies haben Forscher der Universität Würzburg bei geologischen Untersuchungen in Namibia herausgefunden. Sie entdeckten aber auch neue Hinweise zum Ursprung des südlichen Afrikas.
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Bei ihren Forschungen im Nordwesten von Namibia geht es den Würzburger Geowissenschaftlern Thomas Will, Birgit Gruner und Martin Okrusch darum, den 600 bis 700 Millionen Jahre alten Gondwana-Kontinent zumindest in Teilen zu rekonstruieren. Gondwana umfasste einmal das heutige Südamerika, Afrika, Vorderindien, Australien und die Antarktis. Im Erdmittelalter aber zerfiel dieser Großkontinent: Seine Bruchstücke drifteten auseinander und bilden heute die Landmassen auf der Südhalbkugel der Erde.
Mit Methoden der Geologie und Gesteinskunde erforschten die Würzburger in Namibia ein etwa 100 Kilometer langes geologisches Profil quer durch den so genannten Kaoko-Gürtel. Dabei zeigte sich, dass ihr Untersuchungsgebiet in zwei große Einheiten untergliedert werden kann, die durch eine deutliche „krustale Horizontalverwerfung“ voneinander getrennt sind. Mit diesem Fachausdruck bezeichnen Geowissenschaftler Stellen, an denen einmal Kontinentalplatten aneinandergeraten sind.
Wie entstand Südafrika?
Weitere Analysen brachten ans Licht, dass das östlich von dieser Verwerfung liegende Areal schon immer zu Afrika gehörte, und zwar bereits zu der Zeit, als der Gondwana-Kontinent noch gar nicht entstanden war. Dagegen lässt sich das westlich liegende Gebiet dem heutigen Südamerika zuordnen: Es gehörte vor der Entstehung von Gondwana zur „ur-südamerikanischen“ Landmasse, blieb später beim Zerfall des Großkontinents aber am heutigen Afrika hängen.
„Die Art der Verwerfung zeigt uns, dass der ur-afrikanische und der ur-südamerikanische Kontinent bei der Entstehung von Gondwana nicht frontal aufeinandergeprallt sind“, sagt Thomas Will. Stattdessen seien die zwei Platten schräg aufeinander getroffen und zum Teil aneinander vorbeigeglitten. „Diese Art der Verwerfung ist vergleichbar mit den Verhältnissen, wie sie beim San-Andreas-Graben an der Westküste Nordamerikas vorliegen.“
Als Würdigung ihrer Forschungsergebnisse bekommen die Wissenschaftler nun die Jubiläumsmedaille 2005 der Geologischen Vereinigung von Südafrika verliehen. Sie wird jedes Jahr für eine herausragende Publikation vergeben, die entweder im „South African Journal of Geology“ oder in einer Sonderveröffentlichung der Vereinigung erschienen ist. Die Auszeichnung wird am 5. Juli bei der Jahrestagung der Gesellschaft an der Universität KwaZulu-Natal in Durban an die Würzburger Forscher überreicht.
(idw – Universität Würzburg, 22.06.2005 – DLO)