Geowissen

Rätsel-Vulkan der Spätantike identifiziert

Eruption in El Salvador stoppte Mayabauten und begünstigte die Pest in Europa

Ilopango
Die Caldera des Ilopango-Vulkans ist heute von einem großen Kratersee gefüllt. Vor rund 1.500 Jahren könnte sein Ausbruch zum Klimaumbruch in der Spätantike beigetragen haben. © NASA/GSFC/ METI/ERSDAC/ JAROS, U.S./Japan ASTER Science Team

Dramatische Folgen: Vor rund 1.500 Jahren ereignete sich in El Salvador einer der stärksten Vulkanausbrüche der Geschichte. Die Eruption der Ilopango-Caldera überzog weite Teile des Maya-Reichs mit Asche und stoppte Landwirtschaft und Bauten. Gleichzeitig jedoch schleuderte der Vulkan so viele Gase in die Stratosphäre, dass er das Klima in Europa abkühlte und die antike Pest begünstigte, wie die Forscher berichten.

Schon länger haben Forscher den Verdacht, dass gleich zwei große Vulkanausbrüche entscheidend am Seuchenzug der spätantiken Pest beteiligt waren. Denn ab 536 war das Klima mehrere Jahre lang ungewöhnlich kalt, ein Dunstschleier schluckte Teile des Sonnenlichts. Es kam zu Missernten und Hungersnöten, die Seuchen begünstigten. Aus Eisbohrkernen schließen Forscher, dass die erste Eruption im Jahr 536 auf der Nordhalbkugel stattfand, die zweite um 540/41 jedoch in den Tropen.

Vulkankrater nahe San Salvador

Welcher Vulkan den zweiten Ausbruch verursachte, könnten nun Robert Dull von der University of Texas in Austin und sein Team herausgefunden haben. Sie haben die Eruption näher untersucht, die die Ilopango-Caldera in unmittelbarer Nähe der salvadorianischen Hauptstadt San Salvador hinterlassen hat. Schon länger ist bekannt, dass dieser Vulkan während der klassischen Periode der Maya-Kultur ausbrach.

„Doch weder die regionalen noch die globalen Auswirkungen dieser Tierra-Blanca-Eruption in Mittelamerika waren bisher näher untersucht“, erklären die Forscher. Für ihre Studie haben sie daher mehr als 80 Aufschlüsse datiert und untersucht, an denen Asche, Tephra und Lavabrocken der damaligen Eruption zutage treten.

Viermal stärker als der Pinatubo-Ausbruch

Das Ergebnis: Der Ausbruch des Ilopango verlief in acht Phasen, von denen die letzte und stärkste im Jahr 539 oder 540 stattfand – und damit genau in der Zeit, in der Forscher die zweite weltweit folgenreiche Großeruption verorten. „Das deutet auf die Tierra-Blanca-Eruption als das klimaverändernde Ereignis hin, dass in Eisbohrkernen identifiziert und in den Tropen lokalisiert wurde“, konstatieren Dull und sein Team.

Doch wie heftig war die Ilopango-Eruption? Wie die Forscher feststellten, schleuderte der Vulkanausbruch Asche noch bis in 100 Kilometer Entfernung und hinterließ stellenweise eine bis zu 70 Meter dicke Schicht vulkanischer Ablagerungen. Dull und sein Team schätzen, dass die Eruption insgesamt 43,6 Kubikkilometer Lava und Asche ausschleuderte – das ist viermal so viel wie beim Ausbruch des Pinatubo im Jahr 1991.

Tazumal
Die bedeutende Maya-Stadt Tazumal lag nur rund 80 Kilometer vom Ilopango-Vulkan entfernt. © Mario Roberto Durán Ortiz/CC-by-sa 3.0

Katastrophe für die Maya

„Dieser Vulkanausbruch war einer der zehn stärksten der letzten 7.000 Jahre“, sagen die Wissenschaftler. Die tage- bis wochenlangen Eruptionsserien könnten im Umkreis von 50 bis 60 Kilometern um den Vulkan mehr als 100.000 Todesopfer gefordert haben. Die dicken Ascheschichten machten ganze Landstriche für Jahre unbewohnbar und brachten die Landwirtschaft in diesem Teil des Maya-Reichs weitgehend zum Erliegen.

„Dies war eine schwere Naturkatastrophe, die für die kulturelle Entwicklung der Maya entsprechend große Folgen hatte“, so Dull. Denn gerade das nahegelegene Guatemala war eines der Zentren der Maya-Zivilisation. Archäologische Studien zeigen, dass einige Maya-Städte vorübergehend verlassen wurden, Bautätigkeiten stoppten und viele Handelsrouten der Maya unterbrochen waren.

Weltweiter Abkühl-Effekt

Aber nicht nur in Mittelamerika waren die Folgen dieser Eruption spürbar: Wie die Forscher ermittelten, schleuderte der Ausbruch des Ilopango auch zwischen 9 und 90 Megatonnen Schwefelgase bis zu 50 Kilometer hoch in die Atmosphäre. In dieser Höhe konnten sich die daraus gebildeten Schwefelaerosole nahezu weltweit verteilen und bildeten einen Dunstschleier, der die Sonneneinstrahlung dämpfte.

Nach Ansicht der Forscher ist es damit sehr wahrscheinlich, dass es sich beim Ilopango-Ausbruch um die Eruption handelte, die um 540 zum Ende der Spätantike in Europa beitrug. Die Ergebnisse zum Alter, der Eruptionsgröße und der Schwefelemission, sowie die Lage des Vulkans in den Tropen seien starke Indizien dafür, so Dull und sein Team. „Damit haben wir ein weiteres Puzzleteil gefunden, das uns hilft, die eurasische Geschichte dieser Periode zu verstehen“, sagen sie. (Quaternary Science Reviews, 2019; doi: 10.1016/j.quascirev.2019.07.037)

Quelle: EOS, Science

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