Sie lebten in den Bergen, fernab des mächtigen Königreichs von Angkor. Im Hochland-Dschungel Kambodschas haben Archäologen Spuren eines rätselhaften Volks entdeckt, das vor rund 500 Jahren dort lebte. Diese Menschen hinterließen Dutzende von Gefäßen, gefüllt mit den Knochen ihrer Toten und kleineren Grabbeigaben. Das Seltsame daran: Die Bestattungsrituale sind für diese Region sehr untypische – und die Gefäße stammen aus dem Tiefland Thailands. Wer diese Menschen waren, woher sie kamen und wie sie lebten, ist noch immer ein Rätsel.
Wenn es um die Geschichte Kambodschas geht, fällt den meisten Menschen als erstes Angkor ein, das Reich der Khmer. Die ausgedehnten Städte und Tempel dieses Königreichs dominierten das kambodschanische Tiefland vom 9. bis ins 15. Jahrhundert hinein. Aber abseits dieses Reiches gab es noch eine andere Kultur, die im Hochland-Dschungel dieser Region lebte. „Diese Menschen hatten nicht nur augenscheinlich keine direkte Verbindung zu Angkor, sie praktizierten auch Grabrituale, die nie zuvor in dieser Region beobachtet worden sind“, erklärt die Archäologin Nancy Beavan von der University of Otago in Neuseeland.
Sie und ihre Kollegen entdeckten schon vor einigen Jahren in der Wildnis des kambodschanischen Hochlands rätselhafte Relikte dieses noch unbekannten Volkes: Verborgen zwischen unwegsamem Felsgelände und Dschungel stießen sie auf inzwischen zehn Ansammlungen von steinernen Miniatur-Särgen und Tontöpfen mit Knochenresten darin. An einem der Fundorte, Phnom Khnang Peung, stehen unter einem Felsüberhang mehr als 40 dieser Knochengefäße. Ganz offenbar handelt es sich dabei um Relikte ritueller Bestattungen.
Welten von den Gebräuchen Angkors entfernt
Datierungen im Jahr 2012 enthüllten, dass diese ungewöhnlichen Nekropolen aus der Zeit zwischen 1395 bis 1650 stammen – zumindest ein Teil dieser rituellen Bestattungen fand demnach zu der Zeit statt, in der das große Reich von Angkor noch existierte und allmählich begann, an Macht und Einfluss zu verlieren. Wer aber die Menschen waren, die die Knochen ihrer Toten dauerhaft in Töpfen und Särgen aufbewahrten, statt sie zu verbrennen, ist noch unklar.