Radikaler Klimawandel vor 10.000 Jahren: Die Sahara verwandelte sich schneller als gedacht von einer grünen Savanne in die heutige Wüste. Obwohl die Niederschläge relativ langsam zurückgingen, verschwand die Vegetation geradezu schlagartig, wie Wissenschaftler herausgefunden haben. Diese plötzlichen Umweltveränderungen zwangen möglicherweise auch die Jäger und Sammler in Nordafrika, im Nildelta sesshaft zu werden, vermuten die Forscher im Journal „PLOS ONE“.
Die Sahara war nicht immer die riesige Wüste, die sie heute ist: Vor 10.000 Jahren erstreckte sich über Nordafrika noch eine grüne Savanne. Die üppige Vegetation lieferte großen Wildtierherden reiche Nahrung, und auch jagende und sammelnde Menschen lebten in diesem Gebiet. Höhlenmalereien und Felsgravuren zeugen von dieser Besiedelung. Heute jedoch ist die Sahara die größte Wüste der Erde und gehört zu den trockensten Regionen überhaupt.
Nil-Sedimente verraten Wüstenklima
Der Grund dafür war eine Klimaveränderung: Der Afrikanische Monsun und der damit verbundene Regengürtel verlagerten sich beständig südwärts. Details dieses Übergangs waren bis heute kaum erforscht. Die genauen Abläufe dieses Prozesses und deren Zeitrahmen haben Wissenschaftler um Cécile Blanchet vom GEOMAR Helmholtz-Zentrums für Ozeanforschung in Kiel darum genauer untersucht. Das Material dazu stammt allerdings nicht aus der Sahara: Die Forscher analysierten einen sechs Meter langen Bohrkern aus dem Nildelta.
Der Nil schwemmte nämlich im Laufe der Jahrtausende unter anderem Spuren der ehemaligen Vegetation und erodierter Böden ins Mittelmeer. Aus dem Sediment rekonstruierten die Wissenschaftler so mit verschiedenen geochemischen Methoden den Pflanzenwuchs, die Niederschläge, die abfließenden Wassermengen sowie die Erosion im Einzugsbereich des Nils während der vergangenen 9.500 Jahre.
Kurzfristig von der Savanne zur Wüste
Die Ergebnisse zeigen: Vor rund 8.000 Jahren ging die Vegetation im Gebiet der Sahara unerwartet schnell zurück. Die Wassermengen des Nils und damit die Niederschläge in dessen Einzugsgebiet sanken währenddessen nur langsam, aber kontinuierlich. „Hier hatte offensichtlich ein langfristiger klimatischer Prozess sehr kurzfristige, deutliche Auswirkungen, nachdem eine bestimmter Schwellenwert überschritten war“, erklärt Blanchet. „Es hat wohl nur wenige Jahrhunderte oder sogar nur Jahrzehnte gedauert, bis aus einer fruchtbaren Savannenlandschaft eine Wüste geworden war.“
Besonders spannend sind diese Erkenntnisse, weil sich auch wichtige Schritte der menschlichen Entwicklungsgeschichte im weiteren Einzugsgebiet des Nils in dieser Epoche vollzogen haben. Die schnelle Veränderung der Vegetation hat die Menschen möglicherweise gezwungen, ihre Lebensweise als Jäger und Sammler aufzugeben: Die natürliche Nahrungsgrundlage reichte nicht mehr aus.
Menschen mussten ausweichen
„Stattdessen war es vermutlich ein Vorteil, Vieh zu domestizieren beziehungsweise Ackerbau zu betreiben“, sagt Blanchet. Die Wüstenbildung hat demnach dazu beigetragen, dass die Menschen ins fruchtbare Niltal auswichen, wo schließlich die Hochkultur des ägyptischen Pharaonenreichs entstand. „Deshalb ist es wichtig, den präzisen Ablauf des Übergangs von einer relativ feuchten zu einer extrem trockenen Umgebung zu kennen, um das Verhältnis zwischen Mensch und Umwelt einordnen zu können“, betont Koautor Professor Martin Schouten vom Niederländischen Instituts für Meeresforschung (NIOZ).
„Natürlich müssen diese Beziehungen zwischen menschlicher Entwicklung und Klimaveränderungen noch weiter untersucht werden“, schränkt Blanchet ein. Die Ergebnisse lieferten jedoch starke Indizien dafür, dass selbst ein langsam ablaufender Klimawandel schnelle und dramatische Umweltveränderungen auslösen kann. „Das ist nicht nur mit Blick auf die Geschichte der Menschheit interessant, sondern auch für die Zukunft eine wichtige Erkenntnis.“ (PLOS ONE, 2015; doi: 10.1371/journal.pone.0115958)
(GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel, 20.01.2015 – AKR)