Die Regenwälder des Amazonas scheinen erheblich widerstandsfähiger gegenüber einer Trockenheit zu sein als bisher angenommen. Eine jetzt in „Science“ veröffentlichte Studie zeigt, dass die Wälder während der Dürre im Jahr 2005 sogar besonders stark wuchsen. Damit widerlegt sie ein Klimamodell, das ein „Vergilben“ des Regenwalds schon nach einem Monat Dürre und einen Kollaps bei anhaltender Dürre vorhersagt.
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Die Trockenheit im Jahr 2005 erreichte ihren Höhepunkt ausgerechnet zu Beginn der jährlichen Trockenzeit von Juli bis September. Obwohl dieser Doppelschlag der Dürre den Erwartungen nach eigentlich das Wachstum des Blätterdachs verlangsamen müsste, war in vielen betroffenen Gebieten das Gegenteil der Fall: Die Baumkronen wurden deutlich grüner und die Photosyntheseaktivität nahm zu. Das enthüllten Satellitendaten, die Wissenschaftler von der Universität von Arizona und der Universität von Sao Paulo auswerteten.
Satellitensaten enthüllen „Ergrünen“ des Regenwalds
Sie nutzten dabei die Daten von zwei Satelliten, dem NASA-Satelliten „Terra“, der die „Grünheit“ der Vegetation maß und einem zweiten, der „Tropical Rainfall Measuring“-Sonde, die den Regenfall in den Tropen überwachte. Mithilfe der monatlichen Karten dieser Satelliten ermittelten die Forscher die Veränderungen in der Vegetation des Amazonas im Laufe von neun Jahren. Als sie die Karten des Jahres 2005 auswerteten und diese mit den Daten für die gleichen Monate in den früheren Karten verglichen, erlebten sie die große Überraschung.
„Anstatt während einer Trockenheit ‘herunterzufahren’, wie man es erwarten würde, reagierte der Regenwald positiv auf die Dürre, zumindest kurzfristig”, erklärt Scott R. Saleska, von der Universität von Arizona. „Es ist eine sehr interessante und überraschende Reaktion.“ Ko-Autor Kamel Didan ergänzt: „Der Wald zeigte deutliche Anzeichen einer höheren Produktivität. Das sind die überraschenden Neuigkeiten.“
Widerspruch zu Klimamodellen
Dieses Ergebnis widerspricht deutlich den bisherigen Klimamodellen. Diese prognostizieren, dass der Amazonas seine Photosyntheseaktivität sehr schnell zurückfährt, wenn eine Dürre beginnt. Dieser Rückgang an Produktivität wiederum löst eine positive Rückkopplung aus, da dann weniger Kohlendioxid aus der Atmosphäre in den Pflanzen gebunden wird. Und je mehr Treibhausgas in der Atmosphäre bleibt, desto mehr fördert dies die Erwärmung und damit auch die Trockenheit.
Doch zumindest kurzfristig scheint der Regenwald diesen Prognosen nicht zu folgen, wie die neuen Daten belegen. Stattdessen könnte der Dürre-induzierte Wachstumsschub sogar die Pufferwirkung des Waldes verstärken und mehr CO2 binden als normal. Offensichtlich konnten die Bäume ungeachtet der Trockenheit Wasserreservoire tief im Untergrund anzapfen und so trotz der Dürre wachsen.
Grenze der Widerstandsfähigkeit noch unbekannt
Aus evolutionsbiologischer Sicht erscheint dieses Verhalten durchaus sinnvoll, so die Forscher. Denn periodische Trockenheiten sind im Amazonas keine Seltenheit: Alle vier bis acht Jahre, während eines El Nino, regnet es im Amazonasbecken weniger als normal, nur um anschließend wieder zur feuchten Normalität zurück zu kehren. Allerdings hat die Widerstandsfähigkeit des Regenwalds seine Grenzen, wie auch die Wissenschaftler konstatieren. „Wenn man genügend Wasser für längere Zeit vorenthält, sterben die Bäum.“ Wie lange dafür eine Trockenheit anhalten muss, ist allerdings noch nicht bekannt.
(University of Arizona, 24.09.2007 – NPO)