Gold, Nickel und Sulfide: Auf der Suche nach neuen Rohstoff-Vorkommen rücken die Schelfgebiete der Kontinente in den Fokus. Wie Forscher ermittelten, sind schon jetzt mindestens 1.700 Erzvorkommen in Küstennähe bekannt, sie prognostizieren aber viele weitere noch unentdeckte Lagerstätten. Sie könnten auch in Zukunft die Nachfrage nach nahezu allen benötigten Metallarten befriedigen. Der Abbau der Schelfressourcen sei zudem einfacher und schonender als der umstrittene Tiefsee-Bergbau.
Der Rohstoffhunger der Menschheit nimmt weiter zu, doch die Lagerstätten an Land sind nicht unerschöpflich. Für einige Metalle und Seltenerdmetalle sagen Forscher schon jetzt eine kommende weltweite Verknappung voraus, in Deutschland könnte bei sechs Metallen die Nachfrage größer werden als das Angebot – auch wenn wir immerhin 40 verschiedene Rohstoffe selbst gewinnen.
Schon seit längerem gilt der Abbau von Rohstoffen in der Tiefsee als mögliche Lösung für das Nachschubproblem. Die ersten Explorationslizenzen für Gebiete im zentralen Pazifik wurden bereits 2001 von der Internationalen Meeresbodenbehörde vergeben. Doch der Tiefsee- Bergbau ist aufwändig, bisher kaum rentabel und schädigt die Meeresumwelt noch dazu auf Jahrzehnte hinaus.
Schon jetzt 1.700 Erzvorkommen bekannt
Doch es gäbe eine Alternative, meinen Wissenschaftler des GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung in Kiel. Denn wie sie ermittelt haben, gibt es auch auf den Schelfgebieten der Ozeane ausreichend Rohstoffvorkommen, um den steigenden Bedarf auf längere Zeit hinaus zu decken.
„Fast alle Metallarten, die heute gefragt sind, gibt es in küstennahen Gebieten, wobei mehr als 1.700 Erzvorkommen bekannt sind, die weniger als 50 Kilometer von der Küste entfernt sind“, erläutert Sven Petersen vom GEOMAR. Ein eindrucksvolles Beispiel dafür ist die Entdeckung einer riesigen Goldlagerstätte vor der Küste Chinas unter dem Gelben Meer im Jahr 2015.
Gold vor Afrika, Blei-Zink im Mittelmeer
Hinzu kommt: Weil sich in den Festlandssockeln oft die Gesteinsformationen fortsetzen, in denen auch an Land Lagerstätten liegen, könnte es noch viele weitere Vorkommen geben, die bisher noch nicht entdeckt sind. Die Kieler Geologen prognostizieren daher große Lagerstätten unterhalb des Meeresbodens in verschiedenen Schelfregionen der Welt.
Dazu könnten Goldvorkommen vor der Küste West Afrikas, Nickelvorkommen im arktischen Ozean, und Blei-Zink-Vorkommen im Golf von Mexiko oder im Mittelmeer gehören. „Die Liste der möglichen Vorkommen ist lang und könnte unsere Sicht auf die weltweiten Offshore-Bodenschätze verändern“, meint Mark Hannington vom GEOMAR. Viele mineralische Rohstoffe, die in den kontinentalen Gesteinen der Festlandssockel vorkommen, gibt es zudem in der Tiefsee gar nicht.
Über Tunnel oder künstliche Inseln
Nach Ansicht der Forscher wäre ein Abbau der Ressourcen auf den Schelfsockeln deutlich aussichtsreicher und schonender als der Tiefsee-Bergbau. Zum einen sind die technischen Herausforderungen in den flacheren Meeresgebieten nicht so hoch. Die Rohstoffe können dort auch unter kontrollierteren Bedingungen gewonnen werden, beispielsweise durch Tunnel von Land aus, durch künstliche Inseln oder Plattformen. Das wäre auch umweltverträglicher, so die Wissenschaftler.
Zum anderen bieten die küstennahen Lagerstätten einen weiteren Vorteil: Weil die meisten von ihnen innerhalb der ausschließlichen Wirtschaftszonen der Anrainerstaaten lägen, sind die Rechte schon im Vorhinein geklärt. Abbauen darf das Land, in dessen Gebiet die Vorkommen liegen – wie an Land auch. Das vermeidet Konflikte.
„Küstennahe Ressourcen unterhalb des Meeresbodens könnten eine vergleichsweise risikoarme Option sein, um unsere weltweit steigenden Anforderungen an metallische und mineralische Rohstoffe zu erfüllen“, sagt Hannington. (Nature Geoscience, 2017; doi: 10.1038/ngeo2897)
(GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel, 10.02.2017 – NPO)