Geowissen

Rotes Meer reagiert auf ferne Vulkane

Tausende Kilometer entfernte Vulkanausbrüche lösten Umwälzung des Tiefenwassers aus

Ob sich das Tiefenwasser im Roten Meer austauscht, wird von klimatischen Fernwirkungen beeinflusst © NASA

Überraschende Fernwirkung: Der Wasseraustausch im Roten Meer wird von Vulkanausbrüchen und Klimaschwankungen beeinflusst, die tausende von Kilometern entfernt stattfinden, wie eine Studie enthüllt. Unter anderem löste der Ausbruch des philippinischen Vulkans Pinatubo im Jahr 1991 eine Umwälzströmung aus, die frisches Wasser an den Grund des Roten Meeres brachte. Bisher war unklar, wie oft und weshalb solche Erneuerungs-Episoden stattfinden.

Das Rote Meer ist in mehrerer Hinsicht ungewöhnlich. So liegen unter diesem schmalen Meeresarm verborgenen Vulkangebiete und sogar ein unterirdischer Salzsee. Zudem ist das Tiefenwasser des Roten Meeres das wärmste und salzigste der Welt. Selbst in Tiefen von 300 bis 2.000 Metern ist dieses Wasser noch mehr als 20 Grad warm und hat einen Salzgehalt von 40,5 Einheiten.

Stagnierendes Tiefenwasser

Einer der Gründe dafür ist der mangelnde Wasseraustausch: Eine erhöhte Schwelle am Meeresgrund verhindert, dass Meerwaser aus dem Indischen Ozean in das tiefe Becken des Roten Meeres einströmt. Dadurch dauert es 36 bis 90 Jahre, bis sich das Tiefenwasser des Roten Meeres erneuert – so jedenfalls die gängige Lehrmeinung.

Doch was diesen Wasseraustausch auslöst und woher das Wasser stammt, war bisher unklar: „Die Raten und Mechanismen dieser Erneuerung des Tiefenwassers sind noch immer spekulativ“, erklären Fengchao Yao und Ibrahim Hoteit von der King Abdullah University in Saudi Arabien. Sie haben das Tiefenwasser des Roten Meeres im Rahmen von sechs Schiffsexpeditionen von 1982 bis 2011 beprobt und so ganz neue Einblicke in dessen Verhalten gewonnen.

Wasseraustausch (blau) des Tiefenwassers während der vier Umwälzperioden. © Yao und Hoteit, Science Advances, CC-by-sa 4.0

Überraschend schnelle Umwälzung

Die Auswertungen ergaben: In der Zeit von 1982 bis 2011 gab es mindestens vier große Umwälz-Ereignisse: 1983, 1989, 1992 und 1993. Bei diesen strömte kühleres, frisches Wasser in die tiefen Meeresbecken und breitete sich aus. „Das belegt, dass der Austausch des Tiefenwassers offenbar schneller vonstatten geht als bisher angenommen – innerhalb eines Jahrzehnts statt in 36 bis 90 Jahren“, berichten die Forscher. „Das spricht gegen die Vorstellung dieses Tiefenwasser als stagnierend.“

Ebenfalls erstaunlich: Dieses Frischwasser kam nicht aus dem Indischen Ozean, sondern strömte am Nordende des Roten Meeres in die Tiefe. Dies geschah immer dann, wenn die Wintertemperaturen über dem Roten Meer niedriger waren als normal und sich das Oberflächenwasser stärker abkühlte, wie Modellsimulationen des Teams ergaben. Die Dichte des Oberflächenwassers stieg dadurch und es konnte bis in die Tiefenwasserzone absinken.

Ausbruch des Pinatubo am 12. Juni 1991 auf den Philippinen. © Dave Harlow/ USGS

Zwei Ausbrüche mit globalen Folgen

Doch was hatte das für den Wasseraustausch günstige Klima ausgelöst? Um das herauszufinden, simulierten Yao und Hoteit die Ereignisse in einem globelen Klimamodell und bezogen dabei auch lokale Klimaschwankungen wie die Nordatlantische Oszillation (NAO) oder große Vulkanausbrüche mit ein. Das überraschende Ergebnis: Mindestens drei der vier Umwälzereignisse ereigneten sich kurz nach zwei der größten Vulkanausbrüche des 20. Jahrhunderts – der Eruption des El Chichon in Mexiko im Jahr 1982 und des Pinatubo auf den Philippinnen im Jahr 1991.

Beide Ausbrüche schleuderten Millionen Tonnen Schwefeldioxid in die Stratosphäre und führten zu einer weltweiten Abkühlung des Klimas um bis zu 0,4 Grad. Durch diese Abkühlung verstärkten sich in den auf die Ausbrüche folgenden Wintern die Westwinde über den Atlantik und brachten kühlere, trockenere Luft bis in die Region um das Rote Meer, wie die Forscher erklären. Das wiederum förderte die Abkühlung des Oberflächenwassers im Meeresarm und schuf so die Voraussetzungen für die Umwälzung.

Nordatlantik-Oszillation mt Fernwirkung

Das vierte Umwälzereignis im Winter 1989 wurde ebenfalls von einer klimatischen Fernwirkung ausgelöst – allerdings keiner vulkanischen. Wie Yao und Hoteit feststellten, durchlebte die Nordatlantische Oszillation in dieser Zeit eine besonders ausgeprägte positive Phase. In dieser entstehen durch Luftdruckgegensätze über dem Atlantik kräftige Westwinde, die kühle, trockene Luft in den Nahen Osten und über das Rote Meer wehen. Wie bei den Vulkanausbrüchen trägt dies zur Abkühlung des Oberflächenwassers und damit zur Umwälzung bei. (Science Advances, 2018; doi: 10.1126/sciadv.aar5637)

(KAUST – King Abdullah University of Science and Technology, 25.07.2018 – NPO)

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