Königlicher Stoff: In der israelischen Negevwüste haben Archäologen erstmals mit kostbarem Purpur gefärbte Textilreste aus der Zeit des biblischen Königs David entdeckt. Die gut 3.000 Jahre alten Stoffstücke sind das älteste Zeugnis für diese kostspielige Färbetechnik in der südlichen Levante. Purpurstoffe waren damals so wertvoll, dass sie Adeligen, Königen und Priestern vorbehalten waren. Der Fundort Timna war demnach nicht nur ein Zentrum der Metallverarbeitung.
Die Farbe Purpur hatte schon vor Jahrtausenden eine besondere Bedeutung. Denn anders als viele andere Farbtöne wird dieses tiefe Rot nicht aus Pflanzen oder Mineralien gewonnen – es ist tierischen Ursprungs. Der Purpurfarbstoff stammt aus einer kleinen Drüse der im Meer lebenden Purpurschnecken und muss unter hohen Aufwand extrahiert werden: Für ein Gramm Farbe braucht man tausende von Schnecken.
Entsprechend kostbar war und ist echte Purpurfarbe. „In der Antike war purpurne Kleidung dem Adel, den Priestern und natürlich den Königen vorbehalten“, erklärt Naama Sukenik, Kurator der israelischen Antikenbehörde. „Seine prachtvolle Farbe, die Haltbarkeit und die aufwändige Gewinnung machten es zu einem Farbstoff, der oft mehr kostete als Gold.“
Purpurstoff aus der Zeit König Davids
Umso spektakulärer ist ein Fund, den ein Archäologenteam um Sukenik und Erez Ben-Yosef von der Universität Tel Aviv im Timna-Tal der Negevwüste gemacht haben. Dort bauten die Ägypter schon vor gut 7.000 Jahren Kupfer ab und schufen die ältesten Bergwerke der Welt. Später übernahm das halbnomadische Volk der Edomiter die Kupferverarbeitung. Von ihrer Präsenz zeugen zahlreiche Alltagsobjekte, darunter auch Textilreste und Leder. Dank des trockenen Wüstenklimas blieben sie mehr als 3.000 Jahre lang erhalten.
Jetzt haben die Archäologen in Timna erstmals Stoffreste, Quasten und Textilfasern entdeckt, die mit dem kostbaren Purpur gefärbt sind. Radiokarbondatierungen bestätigten, dass auch diese Relikte aus der Zeit um 1000 vor Christus stammen – aus der Zeit des biblischen Königs David und seines Nachfolgers Salomon. Zuvor wurden selbst in Jerusalem noch nie purpurgefärbte Stoffe aus dieser Ära gefunden.
Ältester Beleg für Purpurfärbung in der Region
„Dies ist eine sehr spannende und wichtige Entdeckung“, sagt Sukenik. „Denn dies sind die ersten jemals gefundenen Textilstücke aus der Zeit der Könige David und Salomon, die mit Purpur gefärbt sind.“ Zudem handelt es sich bei den Funden um die ältesten purpurgefärbten Textilreste der gesamten südlichen Levante. „Die Farbe hat gleich unsere Aufmerksamkeit geweckt, aber wir konnten kaum glauben, dass wir wirklich eine so alte Purpurfarbe gefunden hatten“, so die Archäologen.
Zuvor wurden zwar schon Reste von Purpurschneckenschalen gefunden, was auf eine eisenzeitliche Purpurindustrie in dieser Region hindeutete. „Aber jetzt haben wir zum ersten Mal auch die direkten Belege für purpurgefärbte Stoffe aus dieser Zeit“, sagt Sukenik. Entdeckt wurden die purpurfarbenen Textilreste in einem Hügel, der die größte Kupferverhüttungsstätte des Tals überwölbt.
Mehr als nur einfache Nomaden
Spannend an den Purpurtextilien ist aber nicht nur ihr Alter, sondern auch der Fundort. Denn bisher galt Timna als reine Bergarbeitersiedlung und das nomadische Volk der Edomiter als eher einfach strukturiert. Luxusgüter und adelige Eliten vermutete man bei ihnen nicht. „Es ist schwer sich vorzustellen, dass es auch Könige ohne prachtvolle Steinpaläste oder ummauerte Städte gegeben haben könnte“, sagt Ben-Yosef.
„Aber unter bestimmten Umständen können auch Nomadenkulturen komplexe sozio-politische Strukturen hervorbringen – Gesellschaften, die die biblischen Autoren als Königreiche beschrieben“, so der Archäologen weiter. „Diese Funde bestätigen nun unsere Annahme, dass es damals sehr wohl eine Elite und eine hierarchisch gegliederte Gesellschaft in Timna gegeben haben muss.“
Die Purpurfarbe der Textilreste legt zudem nahe, dass die Edomiter damals Handelsbeziehungen zu Küstenbewohnern des Mittelmeers unterhielten. Denn nur dort kamen die Purpurschnecken vor. „Unsere Forschungen zeigen, dass es in dieser Region damals Könige gab, die über komplexe Gesellschaften herrschten, Allianzen schmiedeten, Handelsbeziehungen pflegten und auch Kriege führten“, sagt Ben-Yosef.
Neuer Blick auf König David
Nach Ansicht der Archäologen könnten diese Funde und ihre Bedeutung auch ein neues Licht auf die Debatte um den biblischen David und sein Königtum werfen. Bis heute ist umstritten, ob es sich um eine historische Figur handelt und ob Israel damals überhaupt einen König hatte. Denn selbst in den Ruinen der „Davidsstadt“ bei Jerusalem wurden bisher keine eindeutigen Belege für seine Existenz oder die seines Palasts entdeckt.
„Aber wir wissen, dass die Stämme Israels ursprünglich alle Nomaden waren und erst nach und nach sesshaft wurden“, sagt Ben-Yosef. „Daher könnte auch David seinen Wohlstand und Rang nicht in prachtvollen Gebäuden zur Schau gestellt haben, sondern mit Objekten, die eher seinem nomadischen Erbe entsprachen – beispielsweise mit Textilien.“ (PLOS ONE, 2021 doi: 10.1371/journal.pone.0245897)
Quelle: Tel Aviv University, Israel Antiquities Authority