Der Klimawandel ist nicht allein für die Gletscherschmelze im Himalaya verantwortlich. Dunkler Ruß, der auf den Gletschern abgelagert wird, trägt in den Wintermonaten genauso viel zum Abtauen des Eises bei wie die Erwärmung. Das zeigt eine jetzt in der Fachzeitschrift „Geophysical Research Letters“ Studie. Ein Eindämmen der Rußemissionen vor allem in Asien könnte daher signifikant zum Schutz der Eiskappen beitragen.
Im Himalaya schmelzen viele Gletscher genauso wie in den Schweizer Alpen. Das liegt vor allem daran, dass sich die Atmosphäre im Mittel erwärmt und so von den Gletschern mehr schmilzt als in Form von neuem Schnee dazukommt. Forschende des Paul Scherrer Instituts haben jetzt mit Kollegen aus den USA und China eine weitere Ursache untersucht, die zur Gletscherschmelze beiträgt: Rußablagerungen.
Ruß entsteht bei unvollständiger Verbrennung sowohl von fossilen Brennstoffen wie Kohle oder Öl als auch von Holz und anderer Biomasse. Von Winden getragen gelangt er bis in die höchsten Gebiete des Himalayas, wo er sich auf den Oberflächen der Gletscher absetzt und diese dunkler macht, so dass sie sich durch die Sonnenstrahlung stärker aufheizen. Wie stark dieser Effekt ist und ob er durch menschliche Aktivitäten verursacht wird, war aber bislang unklar.
„Black carbon“ im Gletschereis
Für Ihre Arbeit haben die Forschenden einen Eisbohrkern untersucht, der an der Nordflanke des Mount Everest auf über 6.500 Metern Höhe entnommen worden war. In dem 108 Meter langen Bohrkern findet man Schicht für Schicht zusammengepressten Schnee aus vergangenen Jahren – bis zum Jahr 1860, so dass sich detailliert soweit zurückverfolgen lässt, welche Spurenstoffe jeweils im Schnee enthalten waren. Und zwar so genau, dass sich die Schwankungen innerhalb einzelner Jahre sichtbar machen lassen. Für ihre Messung haben die Forschenden ein neuartiges Gerät benutzt, das mit Hilfe von Lasertechnologie sehr präzise die Menge von „black carbon“, dem schwarzen Anteil im Ruß, in einer Probe bestimmen kann.
Mehr Ruß im Winter und Frühjahr
Die Untersuchungen haben erstmals gezeigt, wie sich die Rußmenge im Himalaya seit der vorindustriellen Zeit entwickelt hat. Das Ergebnis ist, dass Ruß seit 1975 in etwa dreimal mehr zur Gletscherschmelze beiträgt wie in der vorindustriellen Zeit. Dabei zeigt sich, dass die Menge der Rußablagerungen über das einzelne Jahr stark schwankt – sie ist im Winter und Frühjahr am größten, wenn Winde aus südwestlicher Richtung den Ruß aus Südasien und dem Nahen Osten in den Himalaya transportieren. Im Sommer ist die Rußmenge deutlich geringer – der Ruß wird dann durch den Monsunregen aus der Atmosphäre entfernt.
Menge seit 1990 nahezu konstant
Während die Forschenden für die Jahre bis 1990 einen Anstieg des Rußgehalts beobachtet haben, bleibt er seither in etwa konstant. Das dürfte ein Zeichen sein, dass auch Ruß aus Osteuropa und der ehemaligen Sowjetunion, Gebieten, in denen der Schadstoffausstoß in den letzten Jahrzehnten deutlich zurückgegangen ist, bis in den Himalaya transportiert werden kann. Wegen der vorherrschenden westlichen Winde stammt so gut wie kein am Everest nachgewiesener Ruß aus der chinesischen Industrie.
Ruß macht wärmer als Staub
Wind trägt aber nicht nur Ruß in die Berge, sondern auch Gesteinsstaub aus den umliegenden trockenen Regionen. Dabei konnten die Forschenden zeigen, dass Ruß deutlich stärker zur Erwärmung des Gletschers beiträgt als der Staub und dass sich die Staubmenge im Himalaya seit 1860 nicht verändert hat, so dass der Ruß wohl menschengemacht ist, der Staub aber nicht.
„In den Wintermonaten trägt der Ruß etwa gleich stark zur Gletscherschmelze bei wie die Klimaerwärmung. Eine Maßnahme, die die Rußemissionen senken würde, könnte also einen Beitrag dazu leisten, die Gletscherschmelze zu verlangsamen.“ erklärt Margit Schwikowski, Leiterin des Forschungsprojekts am PSI. „Bisher haben wir die Rolle von Ruß für die Gletscherschmelze im Himalaya zeigen können. Welche Rolle er für die Gletscher in der Schweiz spielt, ist Thema eines aktuellen Forschungsprojektes. Hier untersuchen wir auch, inwieweit Algen zur dunkleren Gletscheroberfläche im Spätsommer beitragen.“ (Geophysical Research Letters, 2011; DOI: 10.1029/2010GL046096)
(Paul Scherrer Institut (PSI), 22.02.2011 – NPO)