Evolution

Säugetier-Größe explodierte nach Dino-Aussterben

Trend zur Größenzunahme global und quer durch alle Säugergruppen belegt

Indricotherium, Deinotherium und heutiger Elefant im Vergleich. Das vor rund 37 bis 23 Millionen Jahren lebende Indricotherium erreichte eine Masse von 15 Tonnen, das vor rund acht bis zwei Millionen Jahren lebende Deinotherium sogar 17 Tonnen. © Alison Boyer/ Yale University

Nach dem Aussterben der Dinosaurier vor 65 Millionen Jahren machten die Säugetiere einen gewaltigen Größensprung: Innerhalb von extrem kurzer Zeit nahm ihre durchschnittliche Körpergröße um das Tausendfache zu – weltweit und quer durch alle Hauptgruppen der Säuger. Das zeigt erstmals eine jetzt in „Science“ veröffentlichte Studie. Begünstigende Faktoren waren neben dem Klima auch die durch das Massenaussterben freigewordenen ökologischen Nischen.

Vor 65 Millionen Jahren starben die Dinosaurier aus – und mit ihnen die größten Tiere, die jemals auf den Landmassen der Erde umherliefen. Während die Großechsen dominierten, waren die Säugetiere, unsere Vorfahren, eher kleine, unauffällige Zeitgenossen. Doch kaum waren die Dinosaurier weg, änderte sich dies dramatisch schnell, wie jetzt ein internationales Forscherteam feststellte.

Wer ist der Größte im ganzen Land?

Um herauszufinden, wie groß die Säugetiere nach dem Verschwinden der Konkurrenz durch die Dinosaurier wurden, sammelten die Forscher Daten zur maximalen Größe aller Hauptgruppen von Landsäugetieren auf jedem Kontinent und zu allen Zeiten. Ziel war es festzustellen, ob es einen Trend zum Größenzuwachs der Säuger nicht nur regional, sondern global und bei allen größeren Säugetiergruppen gab. „Die Größe beeinflusst alles, von der Reproduktion bis zum Aussterben“, erklärt John Gittleman, Ökologe an der Universität von Georgia und Mitarbeiter der Studie. „Und die Säugetiere sind ein gutes Testobjekt. Es gibt bei ihnen so viel Variation – von der Maus zum, Elefanten – und es sind von ihnen zudem sehr viel mehr Daten verfügbar als für andere taxonomische Gruppen.“

„Wir gingen jede Zeitperiode durch und schauten bei jeder Säugetiergruppe nach, wer der größte von diesen war. Dann schätzten wir daraus die Körpermasse“, erklärt Jessica Theodor, Koautorin der Studie und Biologin an der Universität von Calgary das Verfahren. Die Größen aller Tiergruppen der verschiedenen Zeiten verglichen die Forscher dann miteinander und gewannen so einen Überblick über die Größenentwicklung der einzelnen Linien.

Jessica Theodor mit dem Schädel eines Hyaenodon, eines großen Fleischfressers, der vor 42 bis 19 Millionen Jahren lebte. © Riley Brandt/ University of Calgary

Dramatischer Größenzuwachs nach dem Aussterben der Dinos

Die Vergleichsmessungen belegten, dass es tatsächlich einen sehr plötzlichen und starken Größenzuwachs der Säuger nach dem Aussterben der Dinosaurier gab – und dies nicht nur weltweit, sondern auch quer durch alle Stammeslinien und bei Vertretern ganz unterschiedlicher Ernährungsformen. Waren unsere entfernten Vorfahren während der Kreidezeit noch eher kleine Tiere von rund zehn Kilogramm Körpergewicht, stieg ihre Größe nach dem Aussterben der Dinosaurier steil an. Vor rund 34 Millionen Jahren erreichten sie sogar Körpergewichte von bis zu 17 Tonnen.

Freie Nischen förderten Wachstum

Als Ursache für diese plötzliche Größenzunahme sehen die Forscher auch die freiwerdenden Nischen im damaligen Ökosystem: „Die Dinosaurier verschwinden und plötzlich gibt es niemanden sonst mehr, der die Vegetation frisst“, erklärt Theodor. „Damit ist dies eine freie Nahrungsquelle und die Säugetiere beginnen, sie zu nutzen.“ Doch den Riesenwuchs gab es nicht nur bei den Pflanzenfressern, mit ihrer Beute wuchsen auch die Jäger der damaligen Ökosysteme. Neben dem Freiwerden der Nischen spielen, das bestätigen die Daten, auch das Klima und die Größe des zur Verfügung stehenden Territoriums eine wichtige Rolle.

„Wenn so viele unterschiedliche Stammeslinien unabhängig voneinander ähnliche maximale Größen erreichten, deutet dies darauf hin, dass es damals ähnliche ökologische Nischen für riesige Säugetiere auf dem gesamten Globus gab“, erklärt Gittleman. „Die Konsistenz des Musters spricht stark dafür, dass die Lebensräume in allen Regionen der Erde den gleichen ökologischen Begrenzungen unterlagen.“

Extrem schnelle Erholung

Die neue Studie bestätigt nicht nur die dramatische Größenzunahme der Säugetiere nach dem Verschwinden der Dinosaurier, sie zeigt auch, dass sich das Ökosystem nach dem dramatischen Massenaussterben extrem schnell wieder erholt hat: „Vor 65 Millionen Jahren verliert man die Dinosaurier und innerhalb von 25 Millionen Jahren ist das System wieder auf ein neues Maximum eingestellt“, so Theodor. „Das ist geologisch gesprochen eine ziemlich kurze Zeit, eine sehr schnelle Evolution.“

Die neuen Ergebnisse geben nicht nur wichtige Aufschlüsse über die limitierenden Faktoren und Ökologie der Säugetiere, sie zeigen auch, dass es keine einzelne Gruppe von Säugetieren gab, die besonders prädestiniert für große Vertreter war. Stattdessen gehörten die jeweils größten Tiere ihrer Zeit immer ganz unterschiedlichen Säugetiergruppen an.

(University of Calgary, 26.11.2010 – NPO)

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