Geowissen

San Francisco: Verstärkte Bebengefahr

Neu entdeckte Verbindung zwischen zwei Verwerfungen macht künftiges Beben heftiger

Zwei große Verwerfungen (rot) in der San Francisco Bay-Area sind miteinander verbunden (orange) - das erhöht die Stärke des ohnehin drohenden Erdbebens © USGS/ scinexx

Gefahr für San Francisco: Der Millionenstadt droht ein stärkeres Erdbeben als bisher erwartet. Denn zwei bisher als getrennt geltende Verwerfungen in der San Francisco Bay sind doch miteinander verbunden – dadurch kann der Untergrund auf längerer Strecke aufreißen. Schon innerhalb der nächsten 30 Jahre könnte der Stadt ein Beben der Magnitude 7,4 drohen, warnen Forscher im Fachmagazin „Science Advances“.

Die Millionenstadt San Francisco und die umliegenden Städte sitzen auf einem tektonischen Schleudersitz: Im Gebiet um die San Francisco Bay verlaufen zusätzlich zum San-Andreas-Graben gleich sechs weitere aktive Verwerfungen. Bereits 2014 warnten Seismologen, dass vier davon so unter Spannung stehen, dass in naher Zukunft ein Starkbeben droht.

Als besonders gefährlich gelten dabei die südlich der San Pablo Bay liegende Hayward- und die nördlich davon liegende Rogers Creek-Verwerfung. „Sie sind die Zone, in der ein Erdbeben mit einer Moment-Magnitude von mehr als 6,7 in den nächsten 30 Jahren am wahrscheinlichsten ist“, erklären Janet Watt und ihre Kollegen vom US Geological Survey.

Je länger, desto gefährlicher

Doch ausgerechnet bei diesen beiden Verwerfungen blieb bisher eine entscheidende Frage offen: Sind sie voneinander getrennt und verlaufen parallel oder gibt es unter der San Pablo Bay eine Verbindung? „Diese Frage zu beantworten ist wichtig, weil beide Varianten ganz unterschiedliche Auswirkungen auf das Erdbebenrisiko haben“, sagen die Forscher.

Die Hayward- und Rodgers Creek-Verwerfung gehören zu den Störungen in der Bay-Area, bei denen das Bebenrisiko momentan am höchsten ist. © USGS

Wären Hayward und Rodgers Creek verbunden, bildeten sie eine 190 Kilometer lange potenzielle Bebenzone. Reißt entlang dieses Gebiets irgendwo das Gestein unter dem Druck der sich bewegenden Erdplatten, kann sich ein Erdbeben über die gesamte Länge fortsetzen – und fällt entsprechend stärker aus als beim Riss nur eines der beiden Teilstücke, wie die Wissenschaftler erklären.

Verschmelzung unter der Bay

Bisher allerdings ließ sich der genaue Verlauf der beiden Verwerfungen unter der San Pablo Bay nicht ermitteln, weil das Gestein dort sehr viele Gaseinschlüsse enthält. Watts und ihre Kollegen haben daher nun einen sogenannten Chirp Subbottom Profiler eingesetzt. Dieses hinter einem Boot hergezogene Sonargerät sendet besonders hochfrequente Schallwellen zwischen 2 und 12 Kilohertz aus. Zusätzlich führten sie vom Schiff aus gezielte Magnetfeldmessungen durch.

Das Ergebnis: Obwohl beide Verwerfungen an Land um bis zu sechs Kilometer gegeneinander versetzt ist, laufen sie unter Wasser zusammen. „Die Hayward-Störung krümmt sich unter der Bay um zehn Grad nach rechts – zur Rodgers Creek-Verwerfung hin“, berichten die Forscher. Am Nordrand der Bucht treffen beide zusammen und verschmelzen miteinander.

Die neuen Messungen belegen, dass es zwischen Hayward- und Rodgers Creek-Verwerfung eine Verbindung gibt. © Watts et al./ Science Advances/ CC-by-nc 4.0

„Enorme Schäden und weltweite Folgen“

Für San Francisco und Umgebung ist dies keine gute Nachricht: „Die Entdeckung einer Verbindung zwischen der Hayward- und der Rodgers Creek-Störung erleichtert ein simultanes Reißen beider Verwerfungen“, warnen Watts und ihre Kollegen. „Das hätte das Potenzial, ein Erdbeben von bis zu 7,4 Magnituden zu verursachen.“

Die Folgen eines solchen Ereignisses wären fatal: „Schätzungen der Erschütterungsintensität für ein Beben der Stärke 7,2 ergaben, dass in der gesamten Bay-Area sehr starke Bodenbewegungen auftreten würden“, erklären die Forscher. „Besonders in Gebieten mit weichem Untergrund wie unter den Städten Santa Rosa, Livermore und San José würden sich diese Schwingungen noch verstärken.“

Ein Szenario mit einem Beben der Magnitude 7,4 könnte noch schwerwiegender ausfallen: „Es würde enorme Schäden verursachen und viele Todesopfer fordern – und sogar weltweite wirtschaftliche Folgen nach sich ziehen“, warnen Watts und ihre Kollegen. Bleibt nur zu hoffen, dass San Francisco von diesem Worst-Case-Szenario verschont bleibt. (Science Advances, 2016; doi: 10.1126/sciadv.1601441)

(AAAS, 20.10.2016 – NPO)

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