Sand begegnet uns überall. Er füllt Sandkästen und Strände, versteckt sich aber auch im Beton, in Halbleitern oder Glas. Inzwischen verbraucht die Menschheit so viel Sand, dass dieser unverzichtbare Rohstoff trotz seiner scheinbaren Fülle knapp zu werden droht. Um darauf aufmerksam zu machen, haben Geowissenschaftler den Sand zum Gestein des Jahres 2016 gekürt.
Ohne Sand geht kaum etwas: Gäbe es die rieselnden Körnchen nicht, müssten wir ohne viele grundlegende Gegenstände unseres Alltags auskommen. Denn sowohl Beton als auch der Mörtel im Mauerwerk enthält Sand, für die Baubranche ist er daher unverzichtbar. Aber auch Fenster und andere Glasobjekte, von der Flasche bis zur Präzisionslinse, bestehen zu einem Großteil aus Sand: Geschmolzener Quarzsand bildet den Grundstoff für fast alle Glassorten.
Selbst unser Computer würde ohne Sand nicht laufen, denn Halbleiter bestehen aus Silizium – und der Rohstoff dafür ist das Siliziumdioxid aus Sand. Und auch Solarzellen und LEDs gäbe es ohne Sand nicht. Sand wird zudem in der Industrie als Schleif- und Poliermittel eingesetzt und hilft bei der Wasserreinigung in Kläranlagen und Wasserwerken. Außerdem trägt Sand mit seiner hohen Durchlässigkeit und Porosität dazu bei, Grundwasser zu bilden, aber auch Erdöl und Erdgas zu speichern.
Die Korngröße entscheidet
Aber was ist Sand eigentlich? Geologisch gesehen sammelt sich unter diesem Begriff eine wilde Mischung aus ganz unterschiedlichen Mineralen und chemischen Komponenten. Denn Sand ist im Prinzip nichts weiter als eine Klassifizierung der Korngröße. Alles Gestein, das eine Korngröße zwischen 0,063 und zwei Millimetern besitzt, gilt geologisch gesehen als Sand – ganz egal, woraus es besteht.
Die Sandkörner entstehen durch die Erosion von Gestein: Wind und Wasser schleifen die Gesteinsbrocken soweit ab, dass sie immer kleiner werden. Wie ein bestimmter Sand einst gebildet wurde, lässt sich unter anderem an der Form seiner Körner erkennen: Der vom Wasser zerkleinerte Meeres- oder Flusssand hat oft abgerundete Körner, ähnlich ist es bei dem durch Gletscher gebildeten Sanden. Wüstensand dagegen hat häufig schärfere Kanten.
Quarzsand ist am häufigsten
Auch wenn Sand aus ganz verschiedenen Mineralen bestehen kann: Der größte Teil des Sandes auf unserem Planeten besteht aus Siliziumdioxid – Quarz. Dieses Mineral ist in der Erdkruste besonders häufig und zudem sehr hart. Deshalb widersteht es der chemischen Verwitterung sehr lange und wird im Laufe der Zeit einfach nur durch die Einwirkung von Wind und Wasser immer kleiner. Reiner Quarzsand bildet den Rohstoff für Glas, aber auch für die Halbleiter der Elektronik.
Es gibt aber auch Sande, die aus dem Kalk von Korallenriffen entstanden sind und daher aus Calciumkarbonat (CaCO3) bestehen. Diese hellen Karbonatsände findet man beispielsweise an vielen Stränden der Karibik. Ein Beispiel für einen aus Gips entstandenen Sand sind dagegen die berühmten White Sands in New Mexico. Es gibt aber auch die dunkle Seite des Sandes, auf einigen Inseln der Kanaren gibt es ganze Strände aus dunklem, aus Vulkangestein gebildetem Sand.
Der Rohstoff wird knapp
Trotz dieser scheinbaren Fülle des Sands auf der Erde gibt es ein Problem: Sand ist keine schnell nachwachsende Ressource. Bis ein Gestein durch die Kraft von Wind und Wasser zu Sand zermahlen ist, vergehen zehntausende und mehr Jahre. Und die Menschheit nutzt mehr Sand als nachwachsen kann – der Rohstoff wird knapp. Weltweit wird nach Angaben der UNESCO mit Ausnahme von Wasser keine andere Ressource in so großen Mengen verbraucht wie Sand. Allein in Deutschland verbrauchte die Bauindustrie im Jahr 2014 beispielsweise 240 Millionen Tonnen Sande und Kiese.
Um die Nachfrage zu decken, wird in immer mehr Küsten und Meeresgebieten Sand vom Meeresgrund gefördert. Doch dies hat für die sensible Meeresökologie fatale Folgen. Die Tiere verschwinden, das Wasser verschlammt und tötet alles Leben. Und entlang der Strände frisst die Erosion sich immer weiter ins Land vor. In Europa gibt es deshalb strenge Schutzbestimmungen, in vielen anderen Gebieten der Welt wird aber legal oder illegal so viel gefördert, wie nur geht – und das zerstört einzigartige Landschaften.
Umgekehrt sorgen Wind und Wasser dafür, dass der Sand auch von Natur aus genau dort verschwindet, wo er dringend gebraucht wird, beispielsweise an Stränden Sylts und anderer Inseln. Hier versucht man durch Umlagerung und Aufspülung von Sand, die Strände zu erhalten – aber das ist ein stetiger Kampf gegen die Zeit.
Um auf all das aufmerksam zu machen und die große Bedeutung des Sandes in Erinnerung zu rufen, hat ein Expertengremium unter Leitung des Berufsverbands Deutscher Geowissenschaftler (BDG) den Sand zum Gestein des Jahres 2016 ernannt.
(Berufsverband Deutscher Geowissenschaftler (BDG), 08.01.2016 – NPO)