Wenn unsere Vorfahren vor rund 50.000 Jahren miteinander sprachen, geschah dies möglicherweise nach folgendem Muster: „Du Tiere jagen“. Darauf deutet jetzt ein von US-amerikanischen Forschern erstellter Satzbau-Stammbaum hin. „Wenn es eine Sprache gab, von der alle oder fast alle bekannten Sprachen abstammen, dann muss diese den Satzbau Subjekt, Objekt, Verb besessen haben“, berichten sie im Fachmagazin „Proceedings of the National Academy of Sciences“ (PNAS). Im Laufe der Entwicklung zu den modernen Sprachen sei diese Abfolge dann auf unterschiedliche Weise verändert worden.
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Nach Ansicht vieler Sprachforscher könnten alle heutigen Sprachen aus einer gemeinsamen Ursprache entstanden sein. Wie diese aussah und wann sich die Aufspaltung in die verschiedenen Sprachfamilien ereignete, sei jedoch strittig, sagen die Wissenschaftler. In vielen modernen Sprachen dominiert heute die Wortfolge „Du jagst Tiere“ – Subjekt, Verb, Objekt. Daher sind einige Linguisten der Ansicht, dass auch die Ursprache diesen Satzbau gehabt haben muss.
Satzbau in 2.135 Sprachen analysiert
Doch dieser Theorie widersprechen nun Murray Gell-Mann von Santa Fe Institute und seine Kollegin Merrit Ruhlen von der Stanford University. In ihrer Studie haben sie den Satzbau und dessen geschichtliche Entwicklung in 2.135 heute bekannten Sprachen analysiert.
Dabei habe man in vielen Sprachen Hinweise auf einen Wandel des Satzbaus im Laufe der Geschichte gefunden, sagen die Forscher. In der großen Mehrzahl dieser Fälle sei dabei das Verb vom Satzende nach vorne zwischen Subjekt und Verb gerückt. Einen solchen Wandel stellten die Forscher beispielsweise auch für die germanischen Sprachen fest. Der Ausgangspunkt der Entwicklung sei fast immer ein Satz mit nachgestelltem Verb gewesen.
Einfluss von benachbarten Völkern als treibende Kraft?
Die Analyse habe weitere Widersprüche zu gängigen Theorien ergeben, sagen die Forscher. Nach diesen wird der Satzbau vorwiegend horizontal weitergegeben- beispielsweise durch Übernahme der Sprachmuster von benachbarten Volksstämmen. Viele Sprachforscher gehen zudem davon aus, dass die Ursprache so weit zurück liegt, dass die ursprüngliche Wortreihenfolge vor lauter Hin- und Herwechseln kaum mehr zu rekonstruieren ist.
„Unsere Studie deutet darauf hin, dass keine dieser Vorstellungen korrekt ist“, konstatieren Gell-Mann und Ruhlen. Man habe selbst in sehr verstreuten Sprachfamilien wie dem Dene-Kaukasischen keine Hinweise auf „Nachbarschafts-Effekte“ gefunden. Stattdessen sei der Satzbau der zu dieser Gruppe gehörenden Sprachen noch heute sehr einheitlich. Das spreche für eine vorwiegend vertikale Weitergabe der Sprache von den Eltern an die Kinder.
Zudem habe man in vielen Fällen problemlos den gesamten Entwicklungsweg der Wortreihenfolge rekonstruieren können. Offenbar sei es meist zu nur einem Austausch gekommen, dem Vorrücken des Verbs. (Proceedings of the National Academy of Sciences, 2011; doi:10.1073/pnas.1113716108)
(Proceedings of the National Academy of Sciences / dapd, 11.10.2011 – NPO)