Klima

Schelfeis-Kollaps in der kanadischen Arktis

Abruptes Ende für eines der letzten noch intakten Schelfeise Kanadas

Milne-Schelfeis mit Riss
Hier sieht man einen der großen Risse, die sich durch das Milne-Schelfeis ziehen. Der Bruch ereignete sich an einem Riss weiter nördlich. © Derek Mueller/ WIRL Carleton University

Bruch im Eis: Das Milne-Schelfeis – das letzte und dickste noch intakte Schelfeis der kanadischen Arktis – ist zerbrochen. Nach Bildung eines langen Risses trennte sich Ende Juli ein großer Teil der rund 4.000 Jahre alten Eisfläche ab. Dadurch schrumpfte die verbliebene Eisfläche um 43 Prozent. Weitere Risse im Eis deuten darauf hin, dass auch der Rest noch fragmentieren könnte. Damit würde die kanadische Arktis ihre letzten Schelfeisflächen verlieren.

Typischerweise sind viele Küsten der Polargebiete von breiten Schelfeisgürteln umgeben. Diese Eisflächen schmelzen auch im Sommer nicht und spielen daher eine wichtige Rolle für das regionale Klima. Doch durch den Klimawandel werden immer mehr Schelfeise instabil – erst bilden sich Risse und subglaziale Kanäle im Eis, dann kommt es zum Abbruch großer Tafeleisberge und oft auch zur Fragmentierung der restlichen Eisflächen.

Drastische Schrumpfung

Jetzt droht diese Entwicklung auch das letzte noch intakte Schelfeis der kanadischen Arktis zu zerstören. Noch Anfang des 20. Jahrhunderts war die Nordküste von Ellesmere Island in der kanadischen Hocharktis von einem durchgehenden, rund 8.600 Quadratkilometer großen Eisgürtel umgeben. Bis zum Jahr 2000 war dieser Gürtel bereits zu sechs einzelnen Schelfeisen geschrumpft, die inzwischen zusammen nur noch gut 500 Quadratkilomeer groß sind.

Eisabbruch
Aufnahme des Sentinel-2-Satelliten vom Milne-Schelfeis vor und nach dem Bruch.© Yulia Antropova/ WIRL

Das rund 4.000 Jahre alte Milne-Schelfeis war die größte und intakteste dieser verbliebene Dauereisflächen. Mit einer Dicke von 70 bis 80 Metern galt dieses im Milne-Fjord relativ geschützte Schelfeis als weitgehend stabil. Allerdings stellten Forscher im Laufe der letzten zwölf Jahre zunehmend Risse im Eis fest. 2015 entdeckten sie zudem einen subglazialen Kanal im Eis, durch den Wasser von einem Schmelzwassersee am landseitigen Ende des Fjords bis zum Meer strömte.

Bruch hat Milne-Schelfeis fast halbiert

Jetzt ist auch das Milne-Schelfeis zerbrochen. Am 31. Juli 2020 brach das Eis an einem der großen Risse, wie Adrienne White vom kanadischen Eisservice anhand von Satellitenbildern ermittelt hat. Ein knapp 80 Quadratkilometer großes Stück des Schelfeises driftete als 80 Meter dicker Tafeleisberg ins Meer hinaus. Damit ist die Eisfläche des Milne-Schelfeises nun um 43 Prozent reduziert. Angesichts der weiteren Risse schließen die Forscher aber nicht aus, dass auch der Rest weiter fragmentieren wird.

Der abgebrochene Tafeleisberg ist am 3. August 2020 in zwei große Bruchstücke von 55 und 24 Quadratkilometer Größe sowie mehrere kleinere Teile zerfallen. „Diese Eisinseln sind freiflotierend und mobil, werden aber momentan noch durch Packeis in Küstennähe festgehalten“, berichtet White. Wegen ihrer Größe und Dicke könnten diese Eisberge zu einer Gefahr für den Schiffsverkehr werden, wenn sie weiter nach Süden driften, daher werden sie intensiv überwacht.

„Schelfeise nicht länger überdauerungsfähig“

Nach Ansicht von Glaziologen sind dieses Ereignis und auch der schlechte Zustand der anderen kanadischen Schelfeise eine Folge der globalen Erwärmung: „Dieses drastische Schrumpfen der Schelfeise ist klar mit dem Klimawandel verknüpft“, sagt Glaziologe Luke Copland von der University of Ottawa. „Dieser Sommer war bis zu fünf Grad wärmer als der Durchschnitt von 1981 bis 2000. Diese Region hat sich zwei- bis dreimal schneller erwärmt als der Rest des Globus.“

Unter diesen Bedingungen seien das Milne-Schelfeis und die anderen kanadischen Schelfeise nicht länger überdauerungsfähig. „Sie werden in den kommenden Jahrzehnten ganz verschwinden“, so Copeland.

Quelle: Carleton University

Keine Meldungen mehr verpassen – mit unserem wöchentlichen Newsletter.
Teilen:

In den Schlagzeilen

News des Tages

Skelett eines ungeborenee Kindes

So entstehen die Knochen des ungeborenen Kindes

Astronomen entdecken jüngsten Transit-Planet

Mehr Blackouts durch Wind- und Sonnenstrom?

Parkinson: Wenn mehr Dopamin mehr Zittern bedeutet

Diaschauen zum Thema

Dossiers zum Thema

Meereis - Wimmelndes Leben in salzigen Kanälen

Bücher zum Thema

Polarwelten - von Paul Nicklen

Der Arktis- Klima-Report - von Michael Benthack und Maren Klostermann (Übersetzer)

Top-Clicks der Woche