Selbst ein mehrere Kilometer entfernt eingesetztes Sonar von Schiffen und U-Booten verändert die Kommunikation von Blauwalen: Die großen Meeressäuger unterbrechen ihre während des Fressens ausgestoßenen tiefen Brummlaute, wenn sie in der Ferne die Schallwellen eines Sonar-Ortungssystems im Wasser hören. Das haben US-amerikanische Forscher vor der Küste Kaliforniens beobachtet. Bisher war nur bekannt, dass sehr intensive Sonar-Schallwellen die sensiblen Hörorgane von Meeressäugern, darunter vor allem von Schnabelwalen, beschädigen können. Die Wirkung von leiseren Sonartönen auf Bartenwale wie Blauwal und Buckelwal, sei dagegen kaum untersucht.
Als überraschend werten die Wissenschaftler, dass sich das Rufverhalten der Blauwale durch die fernen Sonartöne veränderte, obwohl die Frequenzbereiche von Walrufen und Sonar sich nicht überlappten – das Sonar nutzt viel höhere Töne. Dieses Ergebnis zeige, dass auch menschengemachten Geräusche mit weit höheren Frequenzen als den von den Walen genutzten deren Kommunikation beeinflusse, berichten die Forscher im Fachmagazin „PloS ONE“.
Langzeitfolgen des Sonarlärms noch unbekannt
„Je näher das Sonar den Walen war und je lauter die Töne, desto größer war die Wahrscheinlichkeit, dass die Blauwalrufe verstummten“, schreiben Mariana Mecon von der University of California in La Jolla und ihre Kollegen. Aber selbst auf weit entfernte und leise Sonargeräusche hätten die Wale bereits reagiert. Während der Messungen seien 97 Prozent der Sonartöne mehr als acht Kilometer von den Walen entfernt aufgezeichnet worden. „Schon ein einziges Sonar könnte daher die Kommunikation der Wale in einem ausgedehnten Meeresbereich beeinflussen“, meinen die Forscher.
Welche Langzeitfolgen der zunehmende Sonarlärm habe, sei noch unbekannt.
Im Gegensatz zum Sonar animierte Schiffslärm, der ähnlich tief brummt wie die Blauwale selbst, die Meeressäuger zu verstärkter Kommunikation, wie die Wissenschaftler beobachteten: „Zu unserer Überraschung stieg die Wahrscheinlichkeit, dass die Blauwale ihre Fressrufe ausstießen, wenn der Schiffslärm lauter wurde.“ Möglicherweise, so vermuten Mecon und ihre Kollegen, versuchen die Wale damit den Lärm zu übertönen.
Sonar sendet auf ähnlicher Frequenz wie Schwertwalrufe
Warum die Blauwale auf das so weit außerhalb ihres eigenen Lautbereichs liegende Sonar reagieren, darüber können die Wissenschaftler bisher nur spekulieren. Man wisse aber, dass räuberische Schwertwale ähnlich hohe Töne ausstoßen wie das Sonar. Das könnte erklären, warum die Wale solche Töne überhaupt hören – und vielleicht auch, warum sie es vorziehen, in deren Anwesenheit lieber zu verstummen.
Die als gefährdet eingestuften Blauwale kommunizieren zwar nicht mit so ausgiebigen Gesängen wie andere Walarten. Typischerweise stoßen sie aber tiefe, pulsierende Rufe der Frequenz von etwa 100 Hertz aus, während sie winzige Meerestiere aus dem Wasser filtern und fressen. Welchen Einfluss vom Menschen verursachter Lärm auf diese Rufe hat, ist bisher nur in Teilen untersucht. Unbekannt war vor allem, ob und wie sich Töne auswirken, die viel höher sind als die typischen Wallaute.
Unterwassergeräusche in der Southern California Bight aufgezeichnet
Für ihre Studie hatten die Forscher die Unterwassergeräusche in der Southern California Bight mit Unterwassermikrofonen aufgezeichnet. In dem Küstenbereich zwischen Santa Barbara im Norden und San Diego im Süden hält sich jeweils im Sommer eine Population der bedrohten Blauwale auf. An zwei aufeinanderfolgenden Sommern sammelten die Forscher insgesamt 4.643 Stunden Schallaufzeichnungen, die sie auf Sonartöne, Walrufe und Schiffslärm hin auswerteten. (PloS ONE, 2012; doi:10.1371/journal.pone.0032681)
(PloS ONE / dapd, 02.03.2012 – NPO)