“Lusi” versiegt nicht – seit sieben Jahren speit der Schlammvulkan im Osten Javas unermüdlich Sediment. Das hat Folgen nicht nur für die Bewohner dieser Region – auch die Natur leidet. Deutsche Forscher haben festgestellt, dass der nährstoffreiche Schlamm das Wasser in Flüssen und entlang der Küste so sauerstoffarm macht, dass viele Lebewesen nicht mehr existieren können. Zudem erstickt die zähe Masse viele Tiere und Pflanzen auch direkt.
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Seit dem 29. Mai 2006 strömt auf Ostjava in der Nähe von Sidoarjo unaufhörlich Schlamm aus dem Untergrund. Die Schlamm-Massen bestehen aus Jahrmillionen alten marinen Sedimenten, totem organischem Material, das sich einst am urzeitlichen Meeresboden abgelagert hat. Vieles ist seither von der indonesischen Regierung versucht worden, um den Schlammfluten Einhalt zu gebieten – ohne Erfolg. Große Betonkugeln wurden im Hauptloch versenkt, Dämme um die Schlammfelder errichtet. Alles vergebens. Der Schlammvulkan Lusi speit unerbittlich weiter. Um wenigstens ein wenig Abhilfe zu schaffen, wird seit Ausbruch des Vulkans ein Teil des Schlamms in den nahen Fluss Porong gepumpt, kurz vor seiner Mündung ins Meer.
Doppelt so viel Sediment wie gewöhnlich
Wie aber wirkt sich dies auf die Wasserqualität im Fluss und in dem angrenzenden Küstengebiet aus? Genau diese Frage haben Tim Jennerjahn vom Leibniz-Zentrum für Marine Tropenökologie (ZMT) und seine Kollegen nun untersucht. Die Küstengewässer Ostjavas sind besonders artenreich, hier wimmelt es von Fischen, Muscheln und Krabben – bisher. Auch Schlamm ist für diese Gegend nichts Ungewöhnliches: Zur Monsunzeit tragen sturzbachartige Regenfluten den Boden im Hinterland der Flüsse ab, wo intensive Landwirtschaft und Abholzung zu einer starken Erosion führen. Die weit verzweigten Flusssysteme transportieren dann die weltweit größten Sedimentmassen in die Küstenmeere.
„Zu diesen Massen an Sedimenten und organischem Material aus dem Hinterland kommt der Vulkanschlamm noch hinzu und treibt den ökologischen Verfall des Porong und der Küstengewässer zusätzlich voran“ berichtet Jennerjahn. Während der Fluss vor Ausbruch des Schlammvulkans jährlich pro Quadratmeter des Einzugsgebietes knapp zwei Tonnen organische Schwebstoffe ins Meer spülte, sind es nun über vier Tonnen. Die Folgen sind beträchtlich, wie die Forscher feststellten:
Erstickungstod am Fluss- und Meeresgrund
Bakterien zersetzen das in die Gewässer gespülte organische Material und verbrauchen dazu den Sauerstoff, der im Wasser gelöst ist. Dadurch hat sich der Sauerstoffgehalt insbesondere im Fluss und in den Küstengewässern so stark verringert, dass er für viele Tierarten kaum mehr ausreichen dürfte. Vor dem Ausbruch des Schlammvulkans ermittelte das Forscherteam noch sieben Milligramm Sauerstoff in einem Liter Flusswasser, mittlerweile ist es nur noch ein Milligramm.
„Dazu kommt, dass sich die mächtige Schlammfracht einfach im Flussbett und direkt an der Küste absetzt und Tiere wie Pflanzen am Boden ersticken kann“, berichtet Tim Jennerjahn. “Der Schlamm ist zu dickflüssig, um von dem Fluss in die Tiefen des Meeres gespült zu werden”. Die Verschlechterung der Lebensbedingungen für Tiere und Pflanzen hat auch Folgen für die Küstenbewohner: „Ein Großteil der Menschen hier lebt vom Meer und seinen Ressourcen“, erklärt der Forscher. Doch ein Ende der Schlammkatastrophe ist allerdings erstmal nicht in Sicht – aus den vielen Austrittsstellen des Vulkans könnte es laut Hochrechnung von Geologen noch mehrere Jahrzehnte quellen. (Estuarine, Coastal and Shelf Science, 2013; doi: 10.1016/j.ecss.2013.04.007)
(Leibniz-Zentrum für Marine Tropenökologie (ZMT), 02.08.2013 – NPO)