Klima

Schwülheiße Extreme bedrohen 1,2 Milliarden Menschen

Globale Erwärmung macht potenziell gefährliche Hitzetage häufiger – auch in Europa

Hitze
Besonders belastend sind Hitzewellen mit hoher Luftfeuchtigkeit – solche schwülheißen Tage werden auch bei uns häufiger. © ugurhan/ iStock.com

Gefährliche Kombination: Bis zum Jahr 2100 könnten 1,2 Milliarden Menschen regelmäßig lebensbedrohlichen Hitzeperioden ausgesetzt sein – wenn die globale Erwärmung auf drei Grad ansteigt. Denn bei hoher Luftfeuchtigkeit können schon Temperaturen über 33 Grad den menschlichen Organismus überlasten – und solche schwülheißen Tage werden sich in Zukunft häufen, wie eine Klimastudie nun zeigt. In Europa könnte an 16 Tagen im Jahr die kritische Schwelle überschritten werden.

Hitzewelle 2019
Am 25. Juli 2019 brachte eine Hitzewelle Temperaturrekorde in sieben europäischen Ländern mit sich. © NASA Earth Observatory

Schon jetzt häufen sich in vielen Regionen der Erde die Hitzewellen und „Jahrhundertsommer“ – auch bei uns in Deutschland wurden 2018 und 2019 neue Hitzerekorde gemessen. Seit 1950 sind extreme Hitzetage in Europa zudem um fünf Grad heißer geworden, wie jüngst eine Studie belegte. Klimaforscher gehen davon aus, dass sich dies mit fortschreitendem Klimawandel noch verschärfen wird: In 50 Jahren könnte dann fast jeder Sommer einen neuen Hitzerekord bringen.

Die Schwüle ist das Problem

Was aber bedeutet dies für unsere Gesundheit? Normalerweise schafft es unser Körper selbst an heißen Tagen, seine Solltemperatur auf knapp 37 zu halten – indem er die Verdunstungskühlung des Schwitzens nutzt. Das Problem jedoch: Ist die Luftfeuchtigkeit hoch, verdunstet der Schweiß nicht mehr und der Kühleffekt bleibt aus. Der Körper hat dann Probleme, auf Dauer seine Temperatur zu halten und es droht eine Überhitzung.

Für einen Menschen in Ruhe gilt schon eine Temperatur von 33 Grad bei mit Feuchtigkeit gesättigter Luft als potenziell gefährlich. Eine sogenannte Kühlgrenztemperatur von 26 Grad kann schon bei leichter Bewegung zur Überhitzung führen. „Viele hitzebedingte Todesfälle haben sich bei vergangenen Hitzewellen wie 2003 in Europa sogar schon unterhalb dieser Werte ereignet“, erklären Dawei Li von der Rutgers University und seine Kollegen. Denn Menschen in gemäßigten Breiten sind nicht an solche schwülheißen Extreme angepasst.

Europa: Zehnmal mehr Hitzetage schon bei zwei Grad

Wie häufig in Zukunft solche potenziell gesundheitsschädlichen Klimabedingungen drohen, haben nun Li und sein Team mithilfe von 40 Modellsimulationen untersucht. Wie sie ermittelten, erleben Menschen in den Tropen zurzeit rund zwei Wochen im Jahr, in denen die Kühlgrenztemperatur auf mehr als 25 Grad ansteigt. In Europa und Russland dagegen sind solche schwülheißen Tage selbst im Sommer noch selten.

Das aber wird sich mit dem Klimawandel ändern: Schon bei zwei Grad Erwärmung könnten potenziell gesundheitsgefährliche Hitzeperioden in Europa zehnmal häufiger werden – ihre Häufigkeit steigt dann von 3,5 Tagen pro Jahrzehnt auf 3,5 Tage pro Jahr. Bei einer Erwärmung um drei Grad, wie für Ende dieses Jahrhunderts vorhergesagt, könnte es in Europa an 16 Tagen im Jahr zu schwülheiß für viele Menschen werden.

Ballungsräume besonders betroffen

„Von der zunehmenden Hitze besonders betroffen wären einige der am dichtesten besiedelten Gebiete der Erde“, berichten Li und sein Team. Zurzeit leben rund 275 Millionen Menschen in Regionen, in denen die Kühlgrenzschwelle von 33 Grad mindestens einmal im Jahr überschritten wird – dies sind vor allem Ballungsräume in den Tropen. Steigt die globale Temperatur jedoch um zwei Grad gegenüber den präindustriellen Werten, könnten schon 789 Millionen Menschen weltweit davon betroffen sein. Bei drei Grad Erwärmung wären es nach den Berechnungen der Forscher schon 1,2 Milliarden.

„Jedes Bisschen der globalen Erwärmung macht die schwülheißen Tage ein wenig schlimmer“, sagt Li. „In New York City beispielsweise kommen solche Tage heute schon elf Mal häufiger vor als noch im 19. Jahrhundert.“ Steigt die globale Erwärmung auf drei Grad, wird die Hitze und Feuchtigkeit an 24 Tagen im Jahr kritische Werte erreichen.

Appell für mehr Klimaschutz

Nach Ansicht der Wissenschaftler liegt die Dringlichkeit des Klimaschutzes damit auf der Hand: Will man verhindern, dass viele Gebiete nur noch mit Klimaanlagen und anderen Hitzeschutzmaßnahmen bewohnbar bleiben, müsste die Erwärmung auf 1,5 Grad begrenzt werden. Die Chancen dafür stehen dafür allerdings momentan denkbar schlecht. (Environmental Research Letters, 2020; doi: 10.1088/1748-9326/ab7d04)

Quelle: Rutgers University

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