Das Wasser des Rheins enthält extrem hohe Mengen von Schwermetallen aus der Gruppe der sogenannten Seltenen Erden. Forscher haben vor allem das als medizinisches Kontrastmittel eingesetzte Gadolinium, aber auch Lanthan und Samarium in Wasserproben gefunden. Ihren Schätzungen nach transportiert der Fluss pro Jahr mehr als sieben Tonnen dieser Metalle bis in die Nordsee. Die Konzentrationen dieser Seltenerd-Metalle liegen dabei stellenweise in einem Bereich, der für Wasserorganismen giftig sein könnte, warnen die Biochemiker im Fachmagazin „Earth and Planetary Science Letters“.
{1l}
Seltene Erden gehören heute zu den begehrtesten Technologie-Rohstoffen. Die 17 Metalle dieser chemischen Verwandtschaftsgruppe, darunter Lanthan, Neodymium, Gadolinium oder Yttrium, kommen meist gemeinsam in Erz-Lagerstätten vor und haben auch viele ihrer Eigenschaften gemeinsam. Sie werden für magnetische Komponenten in Geräten, für Legierungen, Beschichtungen und in Akkus benutzt, aber auch für Windturbinen und Hybridautos. Gadolinium dient als Kontrastmittel bei der Magnetresonanztomographie. Weil die Nachfrage nach diesen Rohstoffen weltweit steigt, werden sie auch verstärkt abgebaut und gelangen immer häufiger auch in die Umwelt.
Das Forscherteam um Michael Bau und Serkan Kulaksiz von der Jacobs-University Bremen untersucht bereits seit einigen Jahren die Belastung des Rheins mit Seltenerd-Metallen. Bereits im Frühjahr 2011 stellten sie dabei erhebliche Konzentrationen des Metalls Lanthan im Rheinwasser fest. Sie lagen damals in der Region Mainz bis zu 46-fach über den natürlichen Werten. Im Bereich Bonn-Leverkusen-Neuss stellten die Geochemiker immerhin noch das 25-Fache der normalen Verunreinigung fest.
5,7 Tonnen Lanthan jährlich
In ihrer aktuellen Studie fanden die Forscher neben weiterhin erhöhten Lanthan-Werten auch Gadolinium und Samarium. Ihren Schätzungen nach transportiert das Rheinwasser bis zu 5,7 Tonnen Lanthan pro Jahr Richtung Meer, 584 Kilogramm Samarium und 730 Kilogramm Gadolinium. Der Rhein sei damit von den großen Flüssen der Erde derjenige, der am deutlichsten mit Seltenen Erden kontaminiert ist.
Das Gadolinium wird von nahezu jedem Klärwerk in Deutschland in Flüsse und Seen eingeleitet, wie die Forscher berichten. Während die Gadolinium-Anomalie daher schon im Bodensee auftritt und dann flussabwärts weiter zunimmt, gelangen Lanthan und Samarium aus einer einzigen Quelle nördlich von Worms bei Rhein-Kilometer 447,3 mit industriellen Abwässern in den Fluss – und wären daher leicht zu verhindern, wie die Forscher meinen. Als Quelle für das Metall kommt eine Fabrik bei Worms in Frage, die Katalysatoren für Erdölraffinerien produziert.
Giftig für Wasserbewohner
Während die gemessenen Konzentrationen im Unterlauf des Rheins und im Trinkwasser als nicht besorgniserregend gelten, liegen sie im Bereich der Einleitungsstelle bei Worms mit 49 Milligramm Lanthan pro Kilogramm Flusswasser um ein Mehrfaches über den Gehalten, bei denen ökotoxikologische Effekte beobachtet wurden, wie die Forscher berichten. Sie befürchten, dass dies angesichts der steigenden Nachfrage nach Seltenerd-Metallen erst der Anfang einer neuen Entwicklung ist und dass diese Metalle und ihre Verbindungen schon bald weltweit Flüsse und Seen und gegebenenfalls auch das Grundwasser verunreinigen werden. (Earth and Planetary Science Letters, 2013; doi:10.1016/j.epsl.2012.11.033)
(Jacobs-University Bremen, 16.01.2013 – NPO)