In Afghanistan sind Wissenschaftler auf eine ornithologische Sensation gestoßen: Sie beobachteten in einem entlegenen Gebiet im Nordosten des Landes einen Vogel, der als einer der seltensten der Welt gilt. Seit seiner Erstbeschreibung im Jahr 1867 wurde er nur drei Mal überhaupt gesichtet.
Im Sommer 2008 reiste der amerikanische Ornithologe Robert J Timmins in die Provinz Badakshan im Nordosten Afghanistans. Sein Auftrag von der amerikanischen Hilfsorganisation US Aid: Er sollte eine Bestandsaufnahmen der dortigen Vogelarten machen. Während seiner Beobachtungen erstellte der Forscher auch eine Tonaufnahme eines ihm unbekannten Vogelrufs, den er nicht zuordnen konnte. Diese Aufnahme landete Monate später bei den Ornithologen Lars Svensson und Urban Olsson von der Universität von Göteborg.
Ruf eines Totgeglaubten
Als sie den Vogelruf hörten, wussten sie sich auf der Spur einer ornithologischen Sensation. Denn der Vogelruf stammte von einer Art, die seit ihrer Entdeckung im Jahr 1867 in Indien bisher nur dreimal im Freiland lebend beobachtet worden war. Der Großschnabel-Rohrsänger (Acrocephalus orinus) ist ein ferner Verwandter unserer Teichrohrsänger und äußerlich ähnlich unauffällig wie diese. Seine Besonderheit ist ein für seine Größe recht imposanter Schnabel. Die Ornithologen hatten schon zuvor den Nordosten Afghanistans als ein mögliches Brutgebiet dieser Vogelart zumindest in den 1930er Jahren postuliert – ein Beleg in Form einer Sichtung fehlte jedoch.
Brutgebiet entdeckt
Jetzt aber gab es konkrete Anhaltspunkte dafür, wo Exemplare dieser Art zu finden sein könnten. Im Juni 2009 reisten daher die Ornithologen Naqeebullah Mostafawi, Ali Madad Rajabi und Hafizullah Noori von der Wildlife Conservation Society Afghanistan in die Badakshan-Region. Inmitten von Krieg und Klankonflikten legten sie Netzfallen aus – und fingen damit tatsächlich gleich 15 Großschnabel-Rohrsänger. Sie schickten Fotos und Federproben an ihre schwedischen Kollegen Svensson und Olsson, die dann in DNA-Analysen die Identität des seltenen Vogels bestätigten. Nach 142 Jahren Suche war das Brutgebiet des unbekanntesten Vogels der Erde endlich gefunden.
Kaum entdeckt, könnte die Art allerdings auch schnell wieder verschwinden. Denn sie gilt als akut bedroht, da ihr Lebensraum zerstört wird. Die lokale Bevölkerung rodet hier den Wald, um Brennholz zu gewinnen. „Es ist daher absolut essenziell, dass wir sowohl die Art als auch ihr Habitat jetzt schützen“, erklärt Olsson.
(Universität Göteborg, 26.01.2010 – NPO)