Zum ersten Mal seit zehn Jahren ist in Laos eines der seltensten und geheimnisvollsten Tiere der Erde gesichtet und fotografiert worden: ein Saola, ein Antilopen-ähnliches Wildrind. Das stark vom Aussterben bedrohte und in keinem Zoo weltweit gehaltene Tier gilt als Vorbild für den chinesischen Mythos vom Einhorn „Quilin“ und lebt nur im unzugänglichen Bergwald im Grenzgebiet zwischen Laos und Vietnam.
Die erste Sichtung eines Saola im Jahr 1992 gilt als spektakulärste zoologische Entdeckung des 20. Jahrhunderts. Das im Vu Nang Nationalpark nahe der Grenze zu Laos gefundenen Tier trägt zwei lange Hörner und weiße Streifen im Gesicht und Vorderkörper. Trotz seiner äußerlichen Ähnlichkeit zu afrikanischen Antilopen ist es vermutlich näher mit Wildrindern verwandt, bisher allerdings konnte es noch nie näher von Biologen untersucht werden.
Heute leben vermutlich nur noch wenige hundert Exemplare in den dichten Bergwäldern der Annamitischen Berge entlang der Grenze zwischen Laos und Vietnam. Von der International Union for the Conservation of Nature (IUCN) wird es als „kritisch bedroht“ eingestuft und gilt als eines der am stärksten bedrohten größeren Säugetiere des Planeten. Weder in Zoos noch in Museen existieren Exemplare dieser Tierart.
Im „heiligen Wald“ gefangen
Zum ersten Mal seit mehr als zehn Jahren ist jetzt erneut ein Saola gesichtet und fotografiert worden. Wie die Regierung der Volksrepublik Laos mitteilte, sollen Dorfbewohner in der Provinz Bolikhamxay das Tier gefangen, in ihr Dorf gebracht und fotografiert haben. Dort starb es einige Tage später. „Der Tod des Saola ist bedauerlich“, erklärte die Artenschutzbehörde der Provinz Bolikhamxay dazu. „Aber zumindest bestätigt es, dass diese Art in diesem Gebiet noch immer vorkommt und die Regierung wird nun sofort die Schutzbemühungen dort verstärken.“
Anzahl der noch lebenden Exemplare unklar
Warum das Tier überhaupt in Gefangenschaft genommen wurde, ist nicht klar. Offenbar hatten die Dorfbewohner es in dem „heiligen Wald“ des Dorfes entdeckt. „Es ist klar, dass weitere Aufklärungsmaßnahmen über den speziellen Status des Saola gebraucht werden“, erklärt William Robichaud, Leiter der Saola-Arbeitsgruppe der IUCN. „Aber dem Saola bleibt nicht mehr viel Zeit, es haben maximal ein paar Hundert überlebt, es könnten aber auch nur ein paar Dutzend sein. Die Situation ist kritisch.“
Konservierung und Untersuchung bringt wertvolle Einblicke
Nach seinem Tod wurde das Saola in die Provinzhauptstadt Pakxan gebracht und wird dort nun von Biologen der Wildlife Conservation Society (WCS) und der laotische Regierung untersucht und konserviert. Von diesem erste konservierten Exemplar überhaupt erhoffen sich die Forscher wertvolle Aufschlüsse über Lebensweise und Zugehörigkeit des geheimnisvollen Tieres. Unter anderem wegen seiner versteckten Lebensweise und Seltenheit und wegen seiner sehr geraden langen Hörner gilt es als historisches Vorbild für den chinesischen Mythos eines magischen Einhorns, des Quilin. Ob das Saola jemals im alten China verbreitet war, ist allerdings nicht bekannt.
(Wildlife Conservation Society (WCS), 20.09.2010 – NPO)