Geowissen

Sieben Milliarden Jahre alter Sternenstaub entdeckt

Interstellare Körnchen im Murchison-Meteorit sind ältestes je auf der Erde gefundenes Material

interstellarer Staub
In einem Meteoriten haben Forscher interstellare Staubkörnchen entdeckt, die bis zu sieben Milliarden Jahre alt sind. © NASA, W. Sparks (STScI)/ R. Sahai (JPL), Janaina N. Avila

Älter als das Sonnensystem: In einem Meteoriten haben Forscher das älteste je auf der Erde gefundene Material entdeckt – bis zu sieben Milliarden Jahre alte Körnchen. Sie stammen ursprünglich aus dem interstellaren Medium und entstanden in nahen Sternen, wie die Analysen nahelegen. Als dann das Sonnensystem entstand, wurde dieser Sternenstaub von Meteoriten eingeschlossen und konnte so wie in einer Zeitkapsel nahezu unverändert überdauern.

Unsere gesamte Galaxie ist von interstellarem Staub erfüllt – winzigen Körnchen fester Materialien, die einst bei Sternexplosionen ins All hinausgeschleudert wurden. Obwohl dieser Sternenstaub nur rund ein Prozent des interstellaren Mediums ausmacht, liefert er einen Großteil der schweren Elemente im Kosmos und damit das für Planeten und das Leben essenzielle Rohmaterial. Analysen dieses kosmischen Staubes liefern daher wertvolle Einblicke in die Geschichte unserer Galaxie und auch des Sonnensystems.

Murchison-Meteorit
Eines der Fragmente des Murchison-Meteoriten. © Art Bromage /CC-by-sa 2.0

Doch bisher gibt es nur wenige, widersprüchliche Messdaten zu diesem interstellaren Sternenstaub – unter anderem durch Proben der NASA-Raumsonden Stardust und Cassini. Eine weitere Chance bieten kosmische „Zeitkapseln“, die Proben dieses Materials eingeschlossen und quasi „frei Haus zur Erde“ transportiert haben – Meteoriten. In ihnen finden sich manchmal winzige, interstellare Körnchen, die sich allerdings nur schwer mit gängigen Methoden datieren lassen.

Interstellare Körnchen aus dem Murchison-Meteorit

Jetzt ist es Forschern gelungen, Sternenstaub aus einer solchen Meteoriten-„Zeitkapsel“ zu isolieren und zu datieren. Die wenige Mikrometer kleinen Körnchen aus Siliziumkarbid (SiC) stammen aus dem Murchison-Meteoriten, einem sehr ursprünglichen, kohlenstoffhaltigen Gesteinsmeteorit, der 1969 in der Nähe des australischen Orts Murchison einschlug. Aus einigen Fragmenten dieses Brockens haben Philipp Heck vom Field Museum of Natural History in Chicago und seine Kollegen rund 40 interstellare Körnchen isoliert.

Um ihr Alter zu bestimmen, analysierten die Forscher die Körnchen auf ihren Gehalt an kosmogenem Neon-Isotopen – Atomvarianten, die durch das Auftreffen kosmischer Strahlung auf das Material entstehen. „Je länger die Körnchen dieser Strahlung ausgesetzt sind, desto mehr dieser Isotopen bilden sich“, erklärt Heck. „Indem wir messen, wie viele dieser von kosmischer Strahlung erzeugten Elemente in einem präsolaren Körnchen enthalten sind, können wir ermitteln, wie lange sie der Strahlung ausgesetzt waren und damit auch, wie alt sie sind.“

Älter als das Sonnensystem

Das Ergebnis: Die Staubkörnchen aus dem Murchison-Meteor sind nicht nur eindeutig interstellaren Ursprungs, wie ihre Isotopenzusammensetzung verriet. Viele von ihnen sind auch älter als das Sonnensystem. Die meisten Körnchen stammen aus der Zeit vor 4,6 bis 4,9 Milliarden Jahren, einige aber sind schon bis zu sieben Milliarden Jahre alt, wie die Forscher berichten.

präsolares Körnchen
Rasterlektronenmikroskopische Aufnahme eines rund acht Mikrometer kleinen präsolaren Körnchens. © Janaina N. Avila

„Dies sind die ältesten festen Materialien, die je gefunden wurden – und sie verraten uns einiges darüber, wie sich die Sterne in unserer Galaxie gebildet haben“, sagt Heck. „Einige Leute denken, dass die Sternbildungsrate der Galaxie konstant ist.“ Doch die Datierung der interstellaren Körnchen deutet darauf hin, dass es vor rund sieben Milliarden Jahren eine Phase verstärkter Sternbildung in unserer kosmischen Nachbarschaft gab.

„Wir schätzen, dass die Sterne, die in dieser Phase zusammen entstanden, das Stadium stauberzeugender Riesensterne zwischen 4,9 und 4,6 Milliarden Jahren erreichten“, berichten die Forscher. Zu dieser Zeit wurden die jetzt untersuchten Staubkörnchen frei und schwebten im interstellaren Medium umher, bis sie von den im jungen Sonnensystem entstehenden Meteoriten eingeschlossen und konserviert wurden.

Überraschend „klumpig“

Und noch etwas ergaben die Analysen der interstellaren Körnchen: Zumindest ein Teil von ihnen muss eine Zeitlang in Form von zusammengeklebten Klumpen durch das interstellare Medium gedriftet sein. Diese Aggregate waren rund 30 Mal größer als die Körnchen selbst und damit deutlich größer als bislang angenommen. „Keiner dachte, dass dies in dieser Größenordnung möglich wäre“, sagt Heck.

„Es ist wirklich aufregend, auf diese Weise die Geschichte unserer Galaxie zu entschlüsseln“, so der Forscher weiter. „Dies ist eine der aufregendsten Studien, an der ich je beteiligt war.“ In ihrer Methode der Neon-Isotopenanalysen sehen er und seine Kollegen den bisher besten Weg, um präsolare Körnchen zu datieren und so wertvolle Informationen über die Vorgeschichte unserer kosmischen Umgebung zu erhalten. (Proceedings of the National Academy of Sciences, 2020; doi: 10.1073/pnas.1904573117)

Quelle: Field Museum

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