Erdgeschichte

Sind Massenaussterben doch periodisch?

Analyse von Wirbeltier-Aussterben deutet auf Zyklus von 27 Millionen Jahren hin

Aussterben
Folgen Massenaussterben wie das Ende der Dinosaurier doch einem periodischen Zyklus? © Taylor & Francis

Mysteriöse Regelmäßigkeit: Offenbar gibt es bei den irdischen Massenaussterben doch ein zeitliches Muster. Demnach treten solche geo-ökologischen Katastrophen im Schnitt alle 27 Millionen Jahre auf, wie nun eine Studie bestätigt. Ihr zufolge gab es diesen Takt nicht nur bei den Aussterben von Meeresbewohnern, sondern auch in der Geschichte der Landwirbeltiere. Was allerdings die Ursache dieser Aussterbezyklen ist, bleibt bislang rätselhaft.

Ob das Ende der Dinosaurier vor 66 Millionen Jahren, das schlimmste Massenaussterben der Erdgeschichte vor gut 250 Millionen Jahren oder das Verschwinden vieler früher Säugetiere vor 33,9 Millionen Jahren: Immer wieder haben Massenaussterben die Organismenwelt unseres Planeten stark dezimiert und verändert. Die Ursachen für einige Ereignisse sind umstritten, oft scheinen aber Asteroideneinschläge und langanhaltende Ausbrüche großer Vulkanprovinzen eine ausschlaggebende Rolle zu spielen.

Massenaussterben
Intensität und Zeitpunkte von Aussterbe-Ereignissen der letzten 500 Millionen Jahre. © Rursus /CC-by-sa 3.0

Landwirbeltiere als „Testobjekte“

Doch es gibt eine weitere strittige Frage: Wie regelmäßig ereignen sich solche Massenaussterben? Für das Aussterben von urzeitlichen Meeresbewohnern könnte es tatsächlich eine Art Zyklus geben: Schon vor längerer Zeit stellten Wissenschaftler fest, dass sich bei marine Organismen solche Ereignisse im Schnitt alle 26 bis 27 Millionen Jahre wiederholt haben. Allerdings blieb diese Deutung umstritten.

Jetzt haben Michael Rampino von der New York University und seine Kollegen untersucht, ob sich Hinweise auf einen solche Zyklus auch in der Geschichte der Landwirbeltiere finden. Dafür berücksichtigten sie zehn anhand von Fossilien und Isotopenanalysen datierte Aussterbe-Ereignisse der letzten 300 Millionen Jahre. Deren zeitliche Abfolge analysierten sie mithilfe zweier statistischer Verfahren.

Eine Methode wickelt den Zeitstrahl rechnerisch um einen Kreis und prüft, ob es einen Radius gibt, bei dem alle Ereignisse übereinander liegen. „Wenn man den korrekten Zeitabstand gefunden hat, würde eine periodische Abfolge einen Cluster an einer Stelle des Kreises bilden“, erklären die Forscher.

Zyklus von 27,5 Millionen Jahren

Tatsächlich wurden sie fündig: Mit beiden Verfahren zeigte sich eine auffällige Häufung der Ereignisse in Abständen von 27,5 Millionen Jahren, wie Rampino und sein Team feststellen. Sie beziffern die Konfidenz dieser Periodizität auf 99 Prozent. Das aber bedeutet, dass es jetzt nicht mehr nur bei den Meeresbewohnern eine Art Zyklus der Aussterbe-Ereignisse gibt, sondern auch bei den Landwirbeltieren – und beide stimmen in ihrem Intervall gut überein.

„Für acht von zehn Episoden des Tetrapoden-Aussterbens gibt es gleichzeitig auch ein Aussterben in den Ozeanen“, berichtet Rampino. „Diese Übereinstimmung stützt die Annahme von periodisch wiederkehrenden globalen Katastrophen.“ Demnach scheint die Abfolge der Aussterbe-Ereignisse doch nicht reiner Zufall zu sein, sondern einem mehr oder weniger regelmäßigen Zyklus von 26 bis 27 Millionen Jahren zu folgen.

Gibt es eine kosmische Ursache?

Doch was ist die Ursache dafür? Einer Hypothese nach könnte die Wanderung des Sonnensystems durch die Milchstraße schuld sein. Denn alle 26 bis 30 Millionen Jahre kreuzt unser System dabei die dichtere Hauptebene der Galaxie. Dies könnte theoretisch vermehrte Schwerkraftturbulenzen auslösen, die katastrophale Asteroideneinschläge auf der Erde wahrscheinlicher machen.

„Mindestens drei schwere Massenaussterben trafen zeitlich mit den größten Einschlägen der letzten 250 Millionen Jahre zusammen“, sagt Rampino. Von diesen Einschlägen vor 60, 145 und 215 Millionen Jahren zeugen die Krater Chicxulub auf Yucatan, Morokweng in Südafrika und Manicouagan in Kanada. Auch beim Massenaussterben am Ende des Perm vor 250 Millionen Jahre haben Forscher inzwischen einen Einschlag im Verdacht.

Allerdings hat diese Hypothese einen Haken: Im Jahr 2017 überprüfte ein Astronomenteam die These von der periodisch wiederkehrenden Einschlagshäufung – und konnte sie nicht bestätigen. Ihren Daten zufolge gibt es keine eindeutigen Hinweise auf einen Zyklus von 26 bis 27 Millionen Jahren.

Dekkan-Trapps
Die dicken Basaltschichten der Dekkan-Trapps in Indien zeugen von anhaltenden Eruptionen. © Nicholas /CC-by-sa 3.0enauss

Meist waren auch Flutbasalte im Spiel

Es gibt aber noch eine Auffälligkeit: Bei allen acht Massenaussterben, die Land und Meer betrafen, gab es gleichzeitig große und langanhaltende Vulkanausbrüche, wie die Forscher erklären. Das belegen Datierungen der Flutbasalte, die die Eruptionen dieser Magmatischen Großprovinzen hinterlassen haben. Zu diesen gehören unter anderem die vor 66 Millionen entstandenen Dekan-Trapps in Indien oder der Sibirische Trapp, der vor rund 250 Millionen Jahren aktiv war.

„Es scheint, dass die Aktivitätspulse des Erdinneren, die den Flutbasalt-Vulkanismus hervorrufen, aber auch große Einschläge, dem gleichen Takt von 27 Millionen Jahren folgen wie die Massenaussterben“, sagt Rampino. Wie diese Ereignisse jedoch zusammenhängen, kann auch er bislang nicht erklären. Allerdings schließen er und sein Team kosmische Auslöser wie die  Wanderung des Sonnensystems durch die Milchstraße explizit nicht aus. (Historical Biology, 2020; doi: 10.1080/08912963.2020.1849178)

Quelle: New York University/ Taylor & Francis

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