Zellbiologie

Stammzellen leuchten grün

Erstmals fremde Gene in Stammzellen eines einfachen biologischen Organismus eingeschleust

Grünleuchtende Stammzellen in einem lebenden Polypen © CAU

Stammzellen gelten als Alleskönner. Allerdings weiß man derzeit noch recht wenig über sie. Wissenschaftlern ist nun ein entscheidender Durchbruch bei der Erforschung von Stammzellen gelungen: Durch Injektion in Embryonen eines Süßwasserpolypen schafften es die Wissenschaftler erstmals, fremde Gene in Stammzellen eines einfachen biologischen Organismus einzuschleusen. Im Experiment wurden sie sichtbar, weil sie das grün fluoreszierende Protein (GFP) "angeschaltet" hatten.

Die veränderten befruchteten Eizellen bringen Abkömmlinge hervor, die alle das fremde Gen tragen und von Generation zu Generation weitergeben. Die Wissenschaftler weisen in der aktuellen Ausgabe der Fachzeitschrift "Proceedings" der amerikanischen Akademie der Wissenschaften (PNAS) darauf hin, dass die Studienergebnisse der Forschung damit die Möglichkeit schaffen, in einfachen Organismen völlig neue Analysewege zu gehen.

Stammzellen fluoreszieren

Zum einen können diese genetisch markierten Stammzellen dazu dienen, in den vollkommen durchsichtigen Polypen eingehend zu studieren, wohin die Zellen wandern und wie sie sich differenzieren. So konnten die Forscher um Professor Thomas Bosch von der Universität zu Kiel und Jan Lohmann vom Max-Planck-Institut für Entwicklungsbiologie in Tübingen schon zeigen, dass diese Zellen aktiv in neu sich bildende Körperstrukturen – wie die Knospe der Polypen – einwandern und dadurch deren Aufbau ermöglichen.

Ferner können die veränderten Stammzellen gezielt dazu gebracht werden, beliebige Gene zu einem beliebigen Zeitpunkt an einem beliebigen Ort im Körper "anzuschalten". Wenn die so aktivierten Gene wichtig sind, erwartet man erhebliche Auswirkungen auf den Organismus. Daraus lassen sich dann wichtige Schlussfolgerungen bezüglich der Funktion der betreffenden Gene ziehen.

Darüber hinaus können sich die veränderten Stammzellen des Polypen Hydra nun auch als Bioreaktor dienen: Sie produzieren tierische oder menschliche Eiweißmoleküle, beispielsweise antibakterielle Peptide, die in der Forschung gebraucht werden.

Wie entstanden komplexe Zellsysteme?

Das Team von Bosch am Zoologischen Institut der Universität Kiel interessiert sich seit Jahren für die Stammzellen im Süßwasserpolypen Hydra. Vom Studium der Zellen in diesem uralten und einzigartig einfachen Tier versprechen sich die Wissenschaftler Einblicke in die Mechanismen, die das Stammzellverhalten regulieren und die im Laufe der Evolution zum Entstehen von komplexen Zellsystemen geführt haben.

"Für mich ist das auch persönlich ein wunderbares Resultat", bekennt Bosch, "weil ich bereits 1985 als junger Postdoc in den USA begonnen habe, daran zu arbeiten. Diese Funktionalisierung von Stammzellen, ihre gezielte Steuerung und der Einsatz als Instrument wird die Forschung ein ganzes Stück voranbringen. Da Hydra viele der Gene besitzt, die auch im menschlichen Körper für die Entwicklung und auch zur Abwehr von Krankheitskeimen eingesetzt werden, erlauben die neuen transgenen Stammzellen jetzt Funktionsuntersuchungen, die in komplizierteren Organismen und auch beim Menschen so leicht nicht möglich sind. Und ethisch unbedenklich sind Arbeiten an den Stammzellen niedriger Lebewesen allemal."

Bosch ist auch an zwei anderen Projekten der Kieler Universität beteiligt: Im Rahmen der "Entzündungsforschung" soll Hydra Aufschluss geben über die stammesgeschichtliche Herkunft von Genen, die an Entzündungsreaktionen beim Menschen beteiligt sind. Im Bereich "Future Ocean" stellen die transgenen Hydren eine der neuartigen Technologien dar, mit deren Hilfe die Gene mariner Organismen funktionell untersucht werden können.

(idw – Universität zu Kiel, 21.03.2006 – DLO)

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