Geowissen

Stau im Erdmantel stoppt Plattentektonik

Forscher klären, warum die Kontinentaldrift mancherorts zum Stillstand kommt

Die Erdkruste ist in ständiger Bewegung: Sie entsteht und wird wieder in die Tiefe gezogen. An einigen Stellen jedoch stockt die Drift der Kontinente – manchmal über Millionen Jahre hinweg. Warum das so ist, haben deutsche Geoforscher jetzt aufgeklärt. Demnach bildet sich an diesen
Subduktionszonen ein Stau in der Tiefe, weil das Gestein so schnell absinkt, dass entscheidende Mineral-Umbildungprozesse quasi nicht hinterher kommen, wie sie im Fachmagazin „Nature Geoscience“ berichten.

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Die Erde ist in Bewegung. Was wir als festen Boden unter unseren Füßen wahrnehmen, verändert sich in Wahrheit ständig: Innerhalb eines Jahres driften Afrika und Amerika am mittelatlantischen Rücken einige Zentimeter auseinander, während sich der Boden des Pazifiks unter den südamerikanischen Kontinent schiebt. „In ein paar Millionen Jahren wird Afrika auseinandergebrochen sein und Nordaustralien am Äquator liegen“, erklärt Falko Langenhorst von der Friedrich-Schiller-Universität Jena. Die Plattentektonik führe zu einer permanenten Erneuerung der Ozeanböden, erläutert der Mineraloge. Die Lücken zwischen den driftenden Platten werden durch aufsteigendes geschmolzenes Gestein gefüllt und neue Ozeankruste entsteht. In anderen Regionen tauchen die Platten tief ins Innere der Erde ab und vermischen sich mit dem umgebenden Erdmantel.

„Facelifting“ mit periodischen Staus

Als einziger Planet unseres Sonnensystems betreibt die Erde ein solches regelmäßiges „Face Lifting“. Doch das ständige Auf und Ab der Erdkruste verläuft nicht überall reibungslos. „Seismische Messungen zeigen, dass in manchen Regionen, wo sich eine Platte unter eine andere schiebt, die Bewegung stagniert, sobald das Gestein eine bestimmte Tiefe erreicht hat“, sagt Langenhorst. Was diesen Stau in den sogenannten Subduktionszonen verursacht, war bislang ungeklärt. Jetzt hat Langenhorst gemeinsam mit Kollegen von der Universität Bnayreuth dieses Rätsel gelöst.

Demnach bleibt das Gestein der abtauchenden Ozeanplatte in 440 bis 650 Kilometern Tiefe – in der Übergangszone zwischen oberem und unterem Erdmantel – einfach stecken. „Der Grund dafür ist in der langsamen Diffusion und Umwandlung von Mineralkomponenten zu finden“, erklärt der Mineraloge. Anhand von Hochdruckexperimenten konnten die Forscher zeigen, dass unter den vorherrschenden Druck- und Temperaturverhältnissen in dieser Tiefe der Elementaustausch zwischen den Hauptmineralen der subduzierten Ozeanplatte, Pyroxen und Granat, extrem verlangsamt ist. „Die Auflösung der Pyroxen-Komponente im Granat ist so langsam, dass das abtauchende Gestein nicht mehr an Dichte zunimmt und deshalb stagniert“, so der Forscher.

100 Millionen Jahre Pause

Interessanterweise staut es sich im Erdmantel gerade dort, wo der Ozeanboden besonders schnell ins Erdinnere abtaucht. „Im Tonga-Graben vor Japan zum Beispiel ist die Subduktionsgeschwindigkeit sehr hoch“, berichtet Langenhorst. Dadurch bleibt das absinkende Gestein der ozeanischen Platte länger relativ kalt, was den Elementaustausch zwischen den Mineralkomponenten besonders erschwert.

„Bis sich nur ein Millimeter kleine Pyroxen-Kristalle im Granat lösen, dauert es rund 100 Millionen Jahre, so lange stagniert die abtauchende Platte“, beschreibt der Forscher den Gesteinsstau. Der kann sich erst an der Grenze zum unteren Erdmantel wieder auflösen. Denn dort wandelt sich Pyroxen aufgrund des höheren Drucks, der in 650 Kilometern Tiefe vorherrscht, in das Mineral Akimotoit um. „Das könnte zu einem schlagartigen Anstieg der Gesteinsdichte führen und würde das Absinken in größere Tiefen ermöglichen.“ (Nature Geoscience, 2013; doi: 10.1038/ngeo1772)

(Friedrich-Schiller-Universität Jena, 03.04.2013 – NPO)

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