Klima

Steigt die Klimawirkung von CO2 überproportional?

Stratosphären-Einfluss erhöht Strahlungsantrieb des Treibhausgases zusätzlich

Atmosphäre
Wie stark ist der Klimaeinfluss von Kohlendioxid? Dazu liefern Klimamodelle bisher verschiedenen Angaben. © studio023/ Getty images

Verschärfte Bedrohung? Die Klimawirkung des Kohlendioxids könnte mit zunehmenden CO2-Werten überproportional stark steigen, wie eine neue Analyse nahelegt. Demnach erhöht sich der Strahlungsantrieb des CO2 nicht konstant mit dessen Konzentration, sondern nimmt bei jeder Verdopplung der CO2-Ausgangswerte zusätzlich um rund 25 Prozent zu. Dieser auf die Stratosphäre zurückgehende Effekt könnte das Klima der Zukunft noch stärker anheizen als es gängige Klimamodelle vorhersagen, wie Forschende in „Science“ berichten.

Wie stark reagiert das Erdklima auf eine Zunahme der Treibhausgase? Dies ist eine zentrale Frage der Klimaforschung und entscheidend über unsere Zukunft. Diese Klimasensitivität beschreibt, wie sehr sich der Strahlungsantrieb des Erdsystems – und damit der irdische Energieüberschuss – in Reaktion auf steigende CO2-Werte verändert. Konkret gibt sie an, um wie viel Grad die irdischen Temperaturen ansteigen, wenn sich die CO2-Werte verdoppeln. Im Weltklimabericht von 2021 wurde dieser Wert auf eine Spanne von 2,5 bis vier Grad beziffert.

Rätselhafte Diskrepanzen

Allerdings: Wie hoch der Klimaeffekt des CO2 genau ist, darüber gehen die Ergebnisse verschiedener Klimamodelle auseinander. „Obwohl diese Abweichungen schon seit mehr als drei Jahrzehnten anhalten, wurde der Grund dafür nie vollständig geklärt“, berichten Haozhe He von der University of Miami und seine Kollegen. Einig war man sich nur darin, dass der Strahlungsantrieb von CO2 konstant ist: Er steigt linear mit der CO2-Konzentration – so jedenfalls dachte man bisher.

Doch das ist offenbar doch nicht der Fall, wie nun He und seine Kollegen herausgefunden haben. Für ihre Studie kombinierten sie vergleichende Klimasimulationen mit den Modellen des Coupled Model Intercomparison Projects (CMIP) mit zusätzlichen Modellen, die den Zustand der einzelnen Atmosphärenschichten berücksichtigten.

Auf den Ausgangswert kommt es an

Dabei zeigte sich: Anders als bisher angenommen bleibt der grundlegende Strahlungsantrieb des CO2 nicht konstant, sondern verändert sich. Eine Verdopplung des CO2-Werts ausgehend von einem hohen Anfangsniveau ergibt daher eine höhere Klimasensitivität als die Verdopplung eines anfänglich niedrigeren Werts. Schon jetzt sei der direkte Strahlungsantrieb für die CO2-Verdopplung dadurch rund zehn Prozent höher als zu präindustriellen Zeiten, berichten die Forschenden.

„Unser Ergebnis bedeutet, dass Kohlendioxid zu einem noch potenteren Treibhausgas wird, wenn sich das Klima durch den CO2-Anstieg verändert“, erklärt Seniorautor Brian Soden von der University of Miami. Konkret ergaben die Berechnungen, dass sich der direkte Strahlungsantrieb des CO2 bei einer zweifach höheren Ausgangskonzentration um rund 25 Prozent erhöht.

Kältere Stratosphäre verstärkt Klimaeffekt

Doch was verursacht diese Abweichung von gängigen Annahmen? Wie He und seine Kollegen feststellten, spielt der Zustand der Stratosphäre dafür eine entscheidende Rolle. Diese in rund 15 Kilometer Höhe beginnende Atmosphärenschicht ist dafür bekannt, dass sie genau umgekehrt auf die Klimaerwärmung reagiert, als man annehmen würde: Wenn sich die untere Atmosphäre erwärmt und die CO2-Gehalte ansteigen, werden die Stratosphäre und die darüberliegende Mesosphäre kälter.

Genau diese Abkühlung der Stratosphäre steckt offenbar hinter dem überproportionalen Ansteigen des CO2-Strahlungsantriebs, wie He und sein Team berichten. Ist die Stratosphäre kälter, verstärkt dies die Treibhauswirkung des CO2, wie ihre Modelle ergaben. Zudem gibt die Stratosphäre dann weniger langwellige Infrarotstrahlung ans Weltall ab – auch das verstärkt den Klimaeffekt. „Dies stützt die Vermutung, dass jeder Einflussfaktor, der die Temperatur der Stratosphäre verändert, auch die Klimasensitivität beeinflusst“, so das Team.

„Diese Erkenntnisse haben signifikante Bedeutung für die Interpretation des vergangenen und zukünftigen Klimas“, sagt He. „Sie sprechen dafür, dass CO2-reiche Klimaphasen schon von sich aus sensitiver auf das Treibhausgas reagieren als CO2-ärmere.“ Gleichzeitig erklärt dies auch, warum Klimamodelle unterschiedliche Werte für die Klimasensitivität liefern: Ihr Ergebnis hängt auch vom genutzten CO2-Ausgangswert ab. (Science, 2023; doi: 10.1126/science.abq6872)

Quelle: University of Miami

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