Archäologie

Stonehenge: Erbauer „recycelten“ die Blausteine

Archäologen finden Ursprung der Stein-Monolithen in Wales

Blick auf Stonehenge. Die Blausteine sind die einzelnen Monolithen im Steinkreis. © gemeinfrei

Probemonument in Wales? Forscher haben endlich die genaue Herkunft der Blausteine von Stonehenge entdeckt: Der äußere Monolith-Ring stammt aus zwei Steinbrüchen in Wales. Das Spannende daran: Den Datierungen nach wurden die Steine dort schon 500 Jahre vor ihrem Aufrichten in Stonehenge gebrochen. Archäologen vermuten daher, dass sie zwischenzeitlich in einem Steinzeit-Monument in Wales verbaut waren –warum, bleibt bisher rätselhaft.

Auch wenn der berühmte Steinkreis von Stonehenge schon vor rund 4500 Jahren errichtet wurde, sorgt er bis heute für Überraschungen. Erst 2014 entdecken Archäologen rund um den Steinkreis unzählige weitere Monumente und 2015 stießen sie auf eine zweite, noch größere Anlage im benachbarten Durrington Walls.

Fund an der Küste von Wales

Schon länger bekannt ist, dass die Erbauer von Stonehenge für den äußeren Doppelring aus Monolithen Steine verwendeten, die es in der unmittelbaren Umgebung nicht gab. Diese sogenannten Blausteine sind aus Dolerit und Rhyolit, einem vulkanischem Gestein, das unter anderem in Wales vorkommt. Woher genau die Steine jedoch stammten und wie die steinzeitlichen Erbauer diese 80 Tonnen schweren Brocken so weit transportierten, war unbekannt.

Ausgrabungen in Craig Rhos-y-felin, dem Aufschluss, an dem die Steinzeit-Konstrukteure den Rhyolit brachen. © Adam Stanford/ Aerial-Cam Ltd

Mike Parker Pearson vom University College London und seinen Kollegen ist es nun gelungen, zumindest eine dieser Fragen zu beantworten. In Wales entdeckten sie die beiden Steinbrüche, aus denen die Erbauer von Stonehenge die Blausteine gebrochen haben. Sie liegen an der Nordseite der Preseli Hills an der Küste von Pembrokeshire. Der Dolerit von Stonehenge stammt demnach aus der Formation Carn Goedog und der Rhyolit aus Craig Rhos-y-felin.

Natürliche Säulen

Der Blick auf diese Formationen zeigt, warum die Steinzeit-Konstrukteure gerade hier ihre Monolithen gewannen: Das Gestein bildet schon von Natur aus Säulen, die senkrecht in die Höhe ragen. „Diese Aufschlüsse sind wirklich beeindruckend, sie müssen für die prähistorischen Menschen eine besondere Bedeutung gehabt haben“, sagt Colin Richards von der University of Manchester.

Die natürliche Form der Steinsäulen erleichterte den Steinzeit-Arbeitern auch das Herausbrechen der Monolithen: „Sie mussten nur hölzerne Keile in die Risse zwischen den Säulen treiben und dann abwarten, bis der walisische Regen das Holz quellen ließ“, erklärt Josh Pollard von der University of Southampton. Dies löste die Säulen fast von allein aus dem Verbund. „Die Steinbruch-Arbeiter legten die Steinsäulen dann auf Plattformen aus Erde und Stein, eine Art Laderampe, von der aus sie die gewaltigen Steine aus dem Steinbruch ziehen konnten“, so Pollard.

Blaustein-Säulen aus Dolerit in einem Aufschluss in den Preseli Hills © Ceridwen/CC-by-sa 2.0

Transport über Land statt per Floß?

Der Fund der beiden prähistorischen Steinbrüche wirft jedoch neue Fragen auf. Denn ihre Lage am Nordhang der Preseli-Berge spricht gegen die gängige Theorie, nach der die Erbauer von Stonehenge die tonnenschweren Monolithen nach Süden zum Milford Haven Waterway transportiert und dann per Floß nach Stonehenge geschafft haben.

„Die einzige logische Richtung für die Blausteine ist stattdessen nach Norden – entweder ans Meer in der Nähe des St. Andrews Head oder ostwärts über Land durch die Täler“, meint Parker Pearson. „Ich persönlich denke, dass die Überland-Route wahrscheinlicher ist.“ Teams von Männer oder Ochsen könnten die 80 Tonnen-Steine auf hölzernen Plattformen bewegt haben. „Wir kennen Beispiel aus Indien und anderswo in Asien, wo Steine dieser Größe von 60 Menschen auf einem Holzrost getragen wurden.“

Probe-Monument in Wales?

Und noch etwas bleibt rätselhaft: Datierungen von Lagerfeuer- und Essensresten in den beiden Steinbrüchen belegen, dass die Blausteine bereits um 3400 und 3200 vor Christus gebrochen wurden. Doch in Stonehenge tauchen die Blausteine nicht vor dem Jahr 2900 vor Christus, vielleicht sogar noch später auf. Wo also waren sie in der Zwischenzeit?

„Es könnte sein, dass die neolithischen Steinbauer fast 500 Jahre brauchten, um die Blausteine nach Stonehenge zu bringen, aber das meiner Ansicht nach ziemlich unwahrscheinlich“, sagt Parker Pearson. „Es ist viel wahrscheinlicher, dass diese Steine zuerst in einem lokalen Monument verwendet wurden und dann später wieder abgebaut und nach Stonehenge gebracht wurden.“

Erste Hinweise auf den Standort

Nach Ansicht der Forscher könnte dieses vorläufige Blaustein-Monument irgendwo zwischen den beiden Steinbrüchen gelegen haben. „Wir haben bereits geophysikalische Untersuchungen, Probegrabungen und Luftaufnahmen in diesem Gebiet gemacht und glauben, dass wir den wahrscheinlichsten Ort gefunden haben“, berichtet Kate Welham von der Bournemouth University. „Die ersten Ergebnisse sind sehr vielversprechend – wir hoffen, 2016 etwas Großes zu finden.“

Die neuen Funde tragen dazu bei, herauszufinden, warum Stonehenge so gebaut wurde, wie es die Steinzeit-Konstrukteure taten. „Wenn wir das Original-Monument in Wales finden, aus dem die Blausteine stammen, dann könnten wir das Rätsel lösen, warum Stonehenge gebaut wurde und warum einige seiner Steine von so weit her gebracht wurden“, sagt Parker Pearson. (Antiquity, 2015; doi: 10.15184/aqy.2015.177)

(University College London, 09.12.2015 – NPO)

Keine Meldungen mehr verpassen – mit unserem wöchentlichen Newsletter.
Teilen:

In den Schlagzeilen

News des Tages

Skelett eines ungeborenee Kindes

So entstehen die Knochen des ungeborenen Kindes

Astronomen entdecken jüngsten Transit-Planet

Mehr Blackouts durch Wind- und Sonnenstrom?

Parkinson: Wenn mehr Dopamin mehr Zittern bedeutet

Diaschauen zum Thema

Dossiers zum Thema

Bücher zum Thema

Geheimnisvolle Hochkulturen - bild der wissenschaft SPEZIAL

Die Erde nach uns - Der Mensch als Fossil der fernen Zukunft von Jan Zalasiewicz

Die siebzig großen Erfindungen des Altertums - von Brian Fagan und Walter Spiegl

Top-Clicks der Woche